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Brandenburg: Abgewürgt

Frank Jansen über den Rückzug von Uta Leichsenring und die Verantwortung der Regierung ANGEMARKT Brandenburg ist um eine Hoffnung ärmer. Uta Leichsenring hat das Amt der „Landesbeauftragten für das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg“ aufgegeben, damit hat das Land im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus einen Rückschlag erlitten.

Frank Jansen über den Rückzug von Uta Leichsenring und die Verantwortung der Regierung

ANGEMARKT

Brandenburg ist um eine Hoffnung ärmer. Uta Leichsenring hat das Amt der „Landesbeauftragten für das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg“ aufgegeben, damit hat das Land im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus einen Rückschlag erlitten. Die mehrfach für ihr Engagement ausgezeichnete, ehemalige Polizeipräsidentin von Eberswalde ist eine Symbolfigur des mühsamen Werbens um Toleranz, um einen menschenwürdigen Umgang mit Migranten und anderen Minderheiten. Deshalb schien sie die beste Wahl für das neu geschaffene Amt einer Landesbeauftragten zu sein, die den Widerstand gegen den grassierenden Fremdenhass fördern und stärken sollte. Nun ist sie gescheitert. Warum? Hätte die Regierung nicht jede Anstrengung unternehmen müssen, um sie im Amt zu halten?

Die Fragen lassen sich nicht mit einer einfachen Schuldzuweisung beantworten. Es ist bekannt, dass Leichsenring gemobbt wurde. Der CDU war diese Frau schon als Polizeipräsidentin unbequem. Sie hat sich nicht gescheut, die Ursachen rechtsextremer Gewalt zu benennen, insbesondere den Alltagsrassismus in der Mitte der Gesellschaft. Dass es den gibt, hat kürzlich auch das CDUgeführte Thüringen zugegeben. Eine repräsentative Umfrage ergab, dass mehr als 55 Prozent der Thüringer fremdenfeindlich eingestellt sind – und über 20 Prozent sogar eindeutig rechtsextrem. Die Werte wären in Brandenburg wohl ähnlich. Umso wichtiger erscheint da jeder Versuch, die Abwehrkraft der Demokratie zu stärken. Das Mobbing gegen Leichsenring war genau das Gegenteil.

Es stellt sich allerdings auch die Frage, warum Leichsenring in dem für sie eingerichteten Amt nicht stärker gekämpft hat. Dass sie zwei Wochen nach ihrem Antritt im Juli krank wurde und es bis heute blieb, scheint nur ein Teil der möglichen Antwort zu sein. Leichsenring beklagte auch den Mangel an Rückendeckung durch ihren Vorgesetzten, SPD-Bildungsminister Steffen Reiche. Wollte er verhindern, dass Leichsenring über eine Verwaltung der Projekte des „Toleranten Brandenburg“ hinaus aktiv werden konnte? Jedenfalls blieb Bildungsstaatssekretär Frank Szymanski Koordinator des Handlungskonzepts Tolerantes Brandenburg, obwohl Leichsenring als „Landesbeauftragte für das Handlungskonzept“ wirken sollte. Diese Personalpolitik wirkt bürokratisch und lässt vermuten, das Ministerium habe Leichsenring eine kontrollierbare, eher propagandistische Rolle zugedacht.

Hehre Worte zum Kampf gegen den Rechtsextremismus hat Brandenburg jedoch zur Genüge erlebt. Das 1997 vom damaligen Innenminister Alwin Ziel (SPD) initiierte „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ ist seinem pompösen Namen nicht gerecht geworden. Auch der als Konkurrenzverein von Ziels Nachfolger Jörg Schönbohm (CDU) ins Leben gerufene „Landespräventionsrat“ hat wenig bewirkt. Doch der Handlungsbedarf ist nicht zu übersehen: Pro Woche registriert die Polizei in Brandenburg mindestens eine rechte Gewalttat. Allein der Mord an dem 17-jährigen Marinus in Potzlow zeugt davon, wie dringend das Engagement ist.

Vielleicht hätte Uta Leichsenring versuchen sollen, nach ihrer Genesung doch noch als Landesbeauftragte um Freiräume zu kämpfen. Mit ihrem Ansehen hätte sie womöglich das Amt so markant prägen können, dass bürokratische Grenzen verblasst wären. Jetzt aber ist zu befürchten, dass die Landesregierung einen zu versorgenden Beamten auf den Posten hievt - oder dieser sogar wegfällt. Wenig Hoffnung für Brandenburg.

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