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Brandenburg: Am Anspruch gescheitert

Claus-Dieter Steyer

Es sollte für Potsdam der große Wurf werden, ja für halb Brandenburg und Berlin obendrein. Unter eleganten Kuppeln aus Beton waren ganz unterschiedliche Becken, Schwimmbahnen, Restaurants, Fitness-, Massage- und Saunabereiche geplant. Schon die Wahl des Standortes schien kaum Zweifel am Erfolg des extravaganten Spaßbades zu erlauben: Keine fünf Minuten liegt der Brauhausberg vom Potsdamer Hauptbahnhof entfernt.

Doch der kühne Entwurf, den der brasilianische Stararchitekt Oscar Niemeyer zu Papier zauberte, sollte rund 38 Millionen Euro kosten. Kein Problem, hieß es aus dem Rathaus: Das Land Brandenburg gibt uns 30 Millionen, den Rest bringen die Stadtwerke als Bauherr auf. Schön wär’s gewesen, muss man heute sagen. Das Bad ist auf dem besten Weg, zum Traumschloss ohne Chance auf Wirklichkeit zu werden. Ausgerechnet der Wirtschaftsminister stellt sich quer und verweigert – im Unterschied übrigens zum Finanzminister – seine Zustimmung zur Landesförderung in dieser Höhe.

Das kommt nur auf den ersten Blick überraschend. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) reist zwar oft als generöser Verteiler von Fördermitteln durchs Land und erfreut als Verantwortlicher für den Tourismus die Freizeitbranche mit Steuergeldern. Aber beim Potsdamer Spaßbad dürfte der Minister kühl gerechnet haben. Im Landtag, der das Geld am Ende bewilligen muss, sind die Verhältnisse nicht besonders Potsdam-freundlich. Wenn über Monate hinweg heftig über „Wachstumskerne“ gestritten wird und ganze Regionen von der künftigen Förderung abgeschnitten werden, findet sich für ein Badevergnügen in Potsdam nur schwerlich eine Mehrheit.

Andererseits verfolgen auch die Landtagsabgeordneten und mit ihnen die Landräte ganz egoistische Interessen. Sie lassen sich nicht die Konkurrenz für ihre eigenen Anlagen vor die Nase setzen. Schon jetzt gilt Brandenburg nach Sachsen als das Bundesland mit den meisten öffentlichen Thermal- und Freizeitbädern. Und fast alle kämpfen mit zurückgehenden Besucherzahlen. Obwohl der Markt schon als gesättigt gilt, entsteht in Ludwigsfelde – in Potsdams Nachbarschaft – ein weiteres Bad, halten Rheinsberg und Neuruppin an ihren Thermalbadplänen fest. Gerade feierte Burg im Spreewald die Eröffnung eines Solebades.

Auf diese Konkurrenzsituation haben die Potsdamer Stadtväter mit einem aus ihrer Sicht verständlichen Schritt reagiert. Nur wenn sie etwas Pompöses und Einzigartiges auf die Beine stellen, kommen die Gäste in Scharen. Niemeyer war dafür gerade gut genug. Aber dann sollten sich die Potsdamer um andere Finanzierungsquellen bemühen, die auch die hohen Unterhaltungskosten einschließen.

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