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Sacrow

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Anrainer-Protest: Umweltschützer klagen gegen Kanalausbau

Der BUND zieht gegen ein strittiges Wasserstraßenprojekt vor das Bundesverwaltungsgericht. Auch Potsdam prüft rechtliche Schritte.

Potsdam - Der Bundesregierung könnte in Brandenburg ein zweites „Bombodrom“ drohen. Diesmal geht es zwar nicht um den Widerstand gegen geplante militärische Tiefflieger wie über der Kyritz-Ruppiner Heide, sondern um den Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals auf dem Wasserweg zwischen Magdeburg und Berlin. Doch die Parallelen sind unübersehbar. Genau wie in der Region zwischen Rheinsberg, Neuruppin und Wittstock formiert sich auch unter den Anrainern der Wasserstraße heftiger Protest gegen die Pläne der Bundesregierung. Der Bund für Natur und Umwelt (BUND) kündigte gestern eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die vorgesehene Verbreiterung und Vertiefung des rund 13 Kilometer langen Kanals an.

Damit dürfte ein langwieriger Gerichtsprozess mit Gutachten und Gegengutachten bevorstehen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) aber verteidigte gestern erneut die Pläne für die Wasserstraße zwischen Hannover, Magdeburg und dem Berliner Westhafen. Sie werde „dringend“ benötigt, sagt er in Berlin auf einer Bilanz-Pressekonferenz über die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Bessere Wasserwege würden zu einer stärkeren Wirtschaftskraft beitragen. Das Projekt Nummer 17, zu dem der Teilabschnitt des Sacrow-Paretzer-Kanals gehört, soll laut Tiefensee bis 2015 fertig gestellt sein. Bis Ende vergangenen Jahres seien schon 1,3 Milliarden Euro investiert worden. Der Kanalausbau werde 65 Millionen Euro kosten.

Der BUND will mit seiner Klage, die er stellvertretend für mehrere Naturschutzverbände einreichen wird, vom Gericht die Notwendigkeit eines so starken Eingriffs in die Natur prüfen lassen. „Es müssten entlang des Kanals rund 900 Bäume gefällt werden, darunter einige 100 Jahre alte Eichen“, sagt Tillman Heuser, Verkehrsexperte und Geschäftsführer des Umweltbundes. „Durch die Ausbaggerung und Verbreiterung des Kanals entstünden irreparable Schäden, die durch nichts gerechtfertigt würden.“ Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes berufe sich noch immer auf Prognosen des Güterverkehrs aus dem Jahre 1992. Damals sei ein mittelfristiger Anstieg der Transportmenge auf der Wasserstraße bis auf 14 Millionen Tonnen jährlich vorausgesagt worden. Im Vorjahr seien hier aber nur 2,6 Millionen Tonnen befördert worden, sagt Heuser.

Schon jetzt auch könnten Schiffe von mehr als 85 Meter Länge die Passage befahren, wenn auch nicht mit der vollen Ladung. „Wir sind nicht gegen die Binnenschifffahrt, die durch eine bessere Abstimmung mit der Eisenbahn viel mehr leisten könnte“, sagt Heuser. „Aber einen von jetzt 50 auf 55 Meter verbreiteten Kanal braucht niemand.“

Es fällt schwer, überhaupt Befürworter des Ausbaus zu finden. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat sich kürzlich gegen einen Ausbau der Spree ausgesprochen. Aber dieser wäre notwendig, um den größeren Paretz-Sacrower-Kanal zu rechtfertigen. „Die Schlösserstiftung sorgt sich um die Standfestigkeit der Sacrower Heilandskirche und befürchtet einen zu starken Schiffsverkehr mitten im Unesco- Weltkulturerbe“, sagt Stiftungssprecher Ulrich Henze. Die Stadt Potsdam wiederum fürchtet eine Absenkung des Wasserstandes in den Havelseen und prüft ebenfalls rechtliche Schritte gegen den Ausbau. Selbst die hiesigen Binnenschiffer sind skeptisch. Sie besitzen gar nicht die großen Schiffe, die durch den Kanal fahren sollen. Dadurch ergebe sich eine ganz neue Konkurrenzsituation, heißt es.

Nach Ansicht des BUND gibt es nur zwei Nutznießer eines Ausbaus: Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und die Bauwirtschaft.

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