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Brandenburg: Anziehende Aussichten

Hunderte Besucher strömten zur Frankfurter Marienkirche, wo erstmals vier historische Glasfenster zu sehen sind

Frankfurt (Oder). So viel Gedränge hat die Frankfurter Marienkirche selten erlebt. Hunderte Besucher schoben sich durch die mittelalterlichen Gemäuer. Sie kamen wegen der gläsernen „Spätheimkehrer“: Von den 111 nach Ende des Zweiten Weltkriegs nach Russland verschleppten und Ende Juni wieder ausgelieferten Bleiglasfenstern waren am Sonnabend erstmals vier zu sehen. In der Sakristei fiel es allerdings nicht ganz leicht, die von alten Frankfurtern beschriebene „überwältigende Wirkung“ der Bilderbibel nachzuvollziehen. Es fehlte an Licht und außerdem haben die Restauratoren sehr unterschiedliche Teile für die bis August dauernde Ausstellung ausgesucht. Eines der Fenster ist so ramponiert, dass die dargestellte Szene kaum noch zu erahnen ist. Fehler beim Ausbau oder eine unsachgemäße Lagerung haben Spuren hinterlassen. Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) freut sich trotzdem über die Ausstellung. Die Frankfurter hätten lange Zeit auf diese Ausstellung gewartet, sagte er. Die Exposition sei „eine wichtige Etappe“ auf dem Weg zur Wiederherstellung der historischen Kirche, die von den drei aus 111 Einzelteilen bestehenden und zwölf Meter hohen Fenstern geschmückt wurde. Ein Weg, der ursprünglich schon im Sommer zu Ende sein sollte. Dann feiert Frankfurt 750. Jubiläum.

Das Datum lässt der Zustand der Fenster allerdings nicht zu. In der anfänglichen Euphorie über die Rückkehr der lange vermissten Beutekunst versprachen die Optimisten – darunter auch der damalige Kulturstaatssekretär Julian Nida-Rümelin –, die Fenster würden umgehend restauriert und also bald wieder in die Kirche eingebaut. Doch der erste Blick in die Kisten, die am 24. Juni aus Russland in der Oderstadt ankamen, ließ die Gesichter schnell länger werden. Die Restauratoren erwarten inzwischen, dass die Renovierung, die rund 2,5 Millionen Euro kosten soll, zwei Jahre dauern wird.

Auch die Besucher, die am Sonnabend in die Marienkirche kamen, äußerten sich bestürzt. „Solche Schäden hätten wir nicht erwartet“, sagte eine ältere Frankfurterin. Sie kennt die Bilderbibel noch aus Kindheitstagen. Bei den vier ausgestellten Fensterteilen fehlten „viele Scheiben und obendrein ist das Bleinetz noch beschädigt“ bemerkte sie.

Wissenschaftler hatten schon früh den historischen Wert der Frankfurter Kirchenfenster erkannt. Bereits nach den ersten Bombenangriffen auf die Stadt 1943 wurden sie vorsorglich ausgebaut und in Kisten verpackt. Sie gelangten später ins Neue Palais im Park von Sanssouci, wo sie die Rote Armee fand und abtransportierte. Jahrzehntelang gab es keine Hinweise auf ihren Aufenthaltsort, ehe sie ein russischer Kunsthistoriker 1991 entdeckte – und Frankfurt den zähen Kampf um die Rückgabe begann.

Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 17 Uhr, sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. An der Marienkirche ist auch ein Adventsmarkt.

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