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Brandenburg: "Auch im Wahlkampf muss CDU und SPD klar sein, wo Grenzen sind"

Matthias Platzeck (48) ist SPD Bundespräsidiumsmitglied. Der SPD-Landeschef und Potsdamer Oberbürgermeister gilt als Nachfolger von Manfred Stolpe.

Matthias Platzeck (48) ist SPD Bundespräsidiumsmitglied. Der SPD-Landeschef und Potsdamer Oberbürgermeister gilt als Nachfolger von Manfred Stolpe.

CDU-Landeschef Jörg Schönbohm hat im "Spiegel" erklärt, wenn die Union das Zuwanderungsgesetz ablehne, werde Brandenburg sich im Bundesrat der Stimme enthalten. Akzeptieren Sie das?

Ich gehe davon aus, dass in diesem Streit ein tragfähiger, sinnvoller Kompromiss gefunden wird. Keine der großen Parteien kann ein Interesse daran haben, das Thema in den Wahlkampf zu ziehen. Das würde Deutschland auch nicht gut tun.

Sind die Schönbohm-Äußerungen hilfreich bei der Kompromisssuche?

Daran kann man zweifeln. Aber ich bin sicher: Auch bei Schönbohm ist der Wille ausgeprägt, eine vernünftige Lösung zu finden.

Aber der CDU-Landeschef hat selbst für den Fall, dass Bundesinnenminister Schily einen Teil der CDU-Forderungen erfüllt, eine Zustimmung abgelehnt. Die CDU-Bedingungen müssten zu 100 Prozent erfüllt werden.

Vorfestlegungen helfen bei einer so komplizierten und vielschichtigen Materie selten weiter. Jörg Schönbohm neigt manchmal zu drastischen Tönen. Ich meine trotzdem, dass sein letztes Wort noch nicht gesprochen ist. Zum Mechanismus eines Kompromisses gehört, dass beide Seiten aufeinander zugehen.

Der Bundestagswahlkampf wird auf Brandenburg abfärben: Schönbohm will ins Kompetenzteam von Stoiber, Sie werden für Schröder Wahlkampf machen. Bringt die Polarisierung die Koalition in Bedrängnis?

Es ist wohl das Schicksal jeder Koalition auf Länderebene, dass es vor einer Bundestagswahl zu Spannungen kommt. Doch scheint die Koalition in Brandenburg so stabil, das Klima so kollegial zu sein, dass keine übermäßigen Belastungen zu erwarten sind. Im Wahlkampf muss beiden Seiten klar sein, wo die Grenzen sind. Die Große Koalition ist aber anders als zuletzt in Berlin unverbraucht. Im Land hätte man kein Verständnis, wenn wegen dieser oder jener Unpässlichkeiten oder Querelen die Regierung gefährdet würde.

Wäre aber 2004 eine SPD-PDS-Regierung wie in Berlin für Sie eine Alternative?

Was 2004 kommt, ist offen. Unser Ziel ist eine eigene Mehrheit der SPD. Wenn sie nicht erreicht werden sollte, werden wir uns ruhig und sachorientiert nach einem Partner umschauen.

Also keine Vorfestlegung auf den jetzigen Koalitionspartner CDU?

Wir müssen davon ausgehen, welche Probleme in der kommenden Legislatur anstehen, mit welchem Partner sie am besten zu lösen sind, wie sich die beiden potenziellen Partner PDS und CDU entwickeln werden. Natürlich wird es auch davon abhängen, wie die derzeitige große Koalition arbeitet und im Land wahrgenommen wird.

Hat Rot-Rot in Berlin die Situation für die Brandenburger SPD verändert?

Aus meiner Sicht nicht. Ich habe meinen Genossen geraten, die Entwicklung in Berlin gelassen zu nehmen. Es ist bekannt, dass ich mir eine Ampel-Koalition gewünscht hätte. Doch habe ich Vertrauen zu Klaus Wowereit und seiner Mannschaft. Ich hoffe, dass Berlin die Aufgaben auch in dieser Konstellation lösen kann. Für Brandenburg ist besonders wichtig, wie die Haushaltssanierung gelingt. Davon wird entscheidend abhängen, ob die Stimmung in Brandenburg für eine Fusion mit Berlin umschlägt.

Teilen Sie die Kritik von Bauminister Hartmut Meyer, dass Berlin - nicht nur in der Verkehrspolitik - zu wenig über den Tellerrand blickt und das Interesse an der Kooperation mit Brandenburg eher schwindet?

Wegen des Übergangssenats und der Wahlen war die bilaterale Zusammenarbeit in den letzten Monaten nicht so intensiv wie es wünschenswert gewesen wäre. Ich glaube, dass sich das ändern wird, sobald der neue Senat Tritt gefasst hat. Wowereit gehört nicht zu den berlinzentrierten Politikern. Beide Regierungen sollten sich jetzt schnell kennenlernen und die Dinge anpacken.

Zurück zu Schönbohm: Die Ausländerpolitik des CDU-Innenministers, so die angekündigte Abschiebung einer vietnamesischen Familie aus Spremberg, stößt bei vielen Sozialdemokraten auf Ablehnung. Auch bei Ihnen?

Wir sind uns in der SPD einig, dass gerade bei solch schwierigen Fällen alle Möglichkeiten ausgenutzt werden müssen, um humanitäre Lösungen zu finden. Nun weiß ich gerade als Oberbürgermeister relativ gut, dass man sich jeden Fall einzeln anschauen muss. Die rechtlichen Spielräume sind gering. Es gibt aber auch ein hohes Rechtsgut in Deutschland: Das ist der Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Krux liegt darin, dass die Bearbeitungsfristen so unzumutbar lang sind, dass eine Familie praktisch sieben Jahre wartet, bis ihr Asylantrag entschieden ist, die Kinder inzwischen geboren und groß geworden sind.

Aus der SPD wird Schönbohm vorgeworfen, eine besonders rigide Abschiebepraxis zu exerzieren.

Der Eindruck mag manchmal entstehen. In jedem Fall wäre es für die betroffenen Familien hilfreicher, wenn alle Seiten geräuscharm Lösungen suchen würden.

Regierungschef Manfred Stolpe hat dem Schönbohmschen Abschiebe-Beschluss im Kabinett grundsätzlich zugestimmt. Das wird von manchen Genossen nicht verstanden. Einige meinen, dass die Zeit für eine Wachablösung gekommen sei.

Ich kann diese Frage nicht mehr hören. Sie steht weder bei Manfred Stolpe noch bei mir auf der Tagesordnung. Im übrigen pflegen wir in der SPD ein offenes Verhältnis. Da gibt es auch mal Kritik, ob an mir oder an anderen. Eine Häufung in Richtung von Stolpe kann ich nicht feststellen, eher im Gegenteil.

Von Schönbohm heißt es, dass er gern Minister in einem Bundeskabinett Stoiber werden würde. Würden Sie im umgekehrten Fall einem Ruf von Kanzler Gerhard Schröder ins Bundeskabinett folgen?

Mein Kraftquell und mein potenzielles Wirkungsgebiet sind Brandenburg und Potsdam. Dafür schlägt mein Herz.

Warum weichen Sie Fragen nach Ihrer persönlichen Zukunft immer aus?

Weil sie mich nerven.

CDU-Landeschef Jörg Schönbohm hat im \"Sp

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