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Baudezernat Matthias Klipp soll bei Denkmalen zu großzügig Erlaubnisse erteilt haben.

© Manfred Thomas

Baudezernat: Zank um Abschreibungspraxis: Potsdam widersetzt sich Land

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs stützt den grünen Dezernenten Matthias Klipp im Streit um die Abschreibungspraxis. Er wird wegen fragwürdiger Steuervorteile für Bauherren kritisiert

Im Streit um Denkmalabschreibungen in Potsdam geht Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf Gegenkurs zum Land: Das SPD-Stadtoberhaupt, erst kürzlich wiedergewählt, stellte sich am Donnerstag hinter den in die Kritik geratenen Baudezernenten Matthias Klipp (Grüne). Das Kulturministerium hatte zuvor die zu großzügige Praxis bei der Gewährung von Denkmalschutzabschreibungen in der Landeshauptstadt als teilweise rechtswidrig gerügt. Die Kritik ging auch auf eine vom Tagesspiegel publik gemachte interne Dienstanweisung Klipps zurück. Den vom Kulturministerium geforderten sofortigen Stopp, die Korrektur bisher ergangener Bescheide und die Prüfung von Dienstpflichtverletzungen Klipps lehnt Jakobs ab. „Potsdam handelt wohlbegründet“, heißt es in seiner Erklärung. Mit Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt sei kurzfristig ein Gesprächstermin vereinbart, „um zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen“. Allerdings gebe es mit dem Ministerium zur Potsdamer Praxis weiter „eine unterschiedliche Auffassung“.

Der Fall droht zu einer neuen Belastung für die Rathaus-Kooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP zu werden. Dort rumort es hinter den Kulissen ohnehin, zumal Klipp auch wegen der Genehmigungspraxis – etwa bei der Matrosenstation Kongsnaes –, aber auch wegen seines brüsken Stils zunehmend in der Kritik ist, bis in die grünen Reihen hinein.

„Grundlage jeglichen Verwaltungshandelns muss Rechtstaatlichkeit sein“, sagte CDU-Kreischefin Katherina Reiche. „Es verwundert leider schon lange nicht mehr, dass sich insbesondere Potsdam von diesem Grundsatz weit entfernt hat.“ Jakobs müsse „schnell für Aufklärung und Abschaffen der Missstände sorgen“. SPD-Fraktionschef Mike Schubert mahnte zur Mäßigung: „Ich hoffe, dass man eine außergerichtliche Einigung erzielt. Man sollte es nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen.“ Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, der bei der Oberbürgermeisterwahl gegen Jakobs verloren hatte, forderte eine „zügige Klärung“ und eine Information des Stadtparlaments. Scharfenberg erinnerte daran, dass Klipp Ende März den Abbau des in den Vorjahren angewachsenen Antragsstaus bei Denkmalsteuer-Bescheiden als großen Erfolg verkauft hatte. Damals hatte Klipp verkündet, das innerhalb weniger Monate 1100 Anträge auf Steuererleichterungen für Denkmalsanierer beschieden wurden.

Grundlage war die nun juristisch fragwürdige Dienstanweisung Klipps vom 22. Oktober 2009. Wie berichtet, beanstandet das in Brandenburg für Denkmalschutz zuständige Kulturministerium, dass danach der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnraum in Denkmalen generell als abschreibungswürdig erklärt wurde. Dabei sind Denkmalschutz-Steuervorteile auf Maßnahmen beschränkt, die zum Erhalt des Denkmals nötig sind. Nach einer Erklärung des Rathauses, das eine Tagesspiegel-Anfrage vom Montag bislang nicht beantwortet hatte, ist die damalige Dienstanweisung Klipps zumindest zum 22. April 2010 modifiziert worden, also nach dem Abbau des Antragsstaus. Einzelheiten wurden nicht genannt. Für Potsdam sind die kritischen Anmerkungen des Wissenschaftsministeriums „nicht mehr gültig“. Was das für die 1000 Bescheide bedeutet, ist unklar.

Der Berliner Verwaltungsrechtler Professor Ulrich Battis kommentierte den neuen Potsdamer Wirbel so: Klipp setze zum einen offensichtlich „auf einen Konfliktkurs“ gegenüber den Finanzbehörden. Grundsätzlich sei „das Pendel in Potsdam offenbar zu einer anderen Seite ausgeschlagen, zu einer eigentümerfreundlicheren Politik“.

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