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Brandenburg: Bauern kämpfen gegen die Tötung ihrer Rinder

Vor Gericht erzwangen sie Schonfrist für 30 britische Importtiere / Bisher 100 Rinder wegen BSE-Seuche geschlachtet VON SIMONE WENDLER, COTTBUSUm die Tötung von 30 britischen Rindern zur Bekämpfung der Rinderseuche BSE in Brandenburg wird weiter gestritten.Am Freitag hatte das Cottbuser Verwaltungsgericht die Tötung von Tieren aus zwei Niederlausitzer Zuchtbetrieben mit einstweiligen Anordnungen vorerst aufgeschoben.

Vor Gericht erzwangen sie Schonfrist für 30 britische Importtiere / Bisher 100 Rinder wegen BSE-Seuche geschlachtet VON SIMONE WENDLER, COTTBUS

Um die Tötung von 30 britischen Rindern zur Bekämpfung der Rinderseuche BSE in Brandenburg wird weiter gestritten.Am Freitag hatte das Cottbuser Verwaltungsgericht die Tötung von Tieren aus zwei Niederlausitzer Zuchtbetrieben mit einstweiligen Anordnungen vorerst aufgeschoben.Am Verwaltungsgericht in Potsdam sind weitere vier Eilverfahren anhängig.Bauern hatten gegen die Aufforderung, ihre importierten Rinder zu töten und zu verbrennen, Widerspruch eingelegt.100 Tiere sind bereits getötet worden. Die Anweisungen zur Tötung der britischen Rinder hatte den Landwirten die jeweils zuständige Kreisverwaltung erteilt.Gestern wies das Landwirtschaftsministerium alle Brandenburger Landkreise an, gegen Widersprüche und Gerichtsentscheide zur Aufforderung der Tötungsverordnung rechtlich vorzugehen.Die Schlachtung der importierten Rinder, die am Wochenende schon beendet sein sollte, werde in jedem Fall durchgesetzt, hieß es vom Agrarministeriums in Potsdam. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte die Tötung von insgesamt 5200 Importrindern aus Großbritannien, Nordirland und der Schweiz angeordnet, um einer Ausbreitung von BSE in Deutschland vorzubeugen. Zu den Bauern, die mit der Klage vor die Verwaltungsgerichte das Leben ihrer Rinder zu retten versuchen, gehört Andrea Stürmer aus Byhlen im Spreewald."Die Helle" und "die Hübsche" heißen ihre beiden Highland Cattle Kühe, die "ausgemerzt" werden sollen, wie es im Fachjagon heißt.Andrea Stürmer ist Bäuerin im Nebenerwerb.Zusammen mit ihrem Lebensgefährten züchtet sie Fleischrinder.Highland Cattel, die schottischen Hochlandrinder, kreuzt sie auch mit einheimischen Rassen.Doch der Stolz ihrer 60 Tiere großen Herde, die extensiv gehalten wird, sind die reinrassigen Highland Cattel. Während Zuchtbulle "Andy" Glück hat, daß seine Wiege in Deutschland stand, wurden "die Helle" und "die Hübsche", zwei Mutterkühe, in Schottland geboren.Daß sie nur deshalb sterben sollen, sieht Andrea Stürmer überhaupt nicht ein.Niemand werde durch die Tiere gefährdet, die schon seit einem Jahr unter Aufsicht des Amtstierarztes stehen.Selbst wenn sie die Tiere nicht mehr zur Zucht verwenden und auch nicht zur Schlachtung geben dürfte, will sich Andrea Stürmer von ihnen nicht trennen."Andere haben ihren Hund, ich meine Rinder", verteidigt sie ihre Herde.So lange nicht klarer sei, wie BSE übertragen werde, lösten solche Tötungsaktionen das Problem auch nicht, ist sie überzeugt.Auch daß die Zuchtpapiere der Mecklenburger BSE-Kuh "Cindy" offensichtlich gefälscht wurden, überzeugt sie nicht."Es wird immer Leute geben, die aus Geldgier so etwas machen." Auch das Verwaltungsgericht in Cottbus sah die Verhältnismäßigkeit der Tötungsanordnung nicht gegeben.Nur weil möglicherweise von den Importrindern eine Gefahr für andere Tierbestände ausgehen könne, sei ihre Beseitigung nicht zu rechtfertigen, urteilten sie auf Antrag von Andrea Stürmer.Für ihre beiden Kühe, die sie 1992 in Schleswig-Holstein kaufte, hat die Bäuerin Zuchtpapiere und eine Bescheinigung des Brandenburger Fleischrindverbandes, daß die Tiere aus BSE-freien Beständen stammten.Um das Leben der "Hellen" und der "Hübschen" kämpft sie hartnäckig, auch weil sie Angst hat, daß vielleicht auch deren Nachkommen getötet werden müssen.

Absolute Import-Kontrolle gibt es nicht Frankfurt (Oder) (Ste).Die Schlange der Tiertransporter vor der deutsch-polnischen Grenze bei Frankfurt (Oder) ist unübersehbar.Sie kommen aus Polen, Rußland, der Ukraine, Weißrußland und dem Baltikum.Rund eine halbe Million Milchkühe, Mastbullen, Kälber, Schafe und andere Tiere passieren jährlich die Westgrenze der Europäischen Union.Alle Transporte aus Osteuropa müssen den Weg über die deutsch-polnische Zollanlage Swiecko II mit dem Grenzveterinäramt nehmen.Hier werden den Tieren ihre Papiere zugeteilt. Einfuhr nach Deutschland lohnt sich wegen der hohen Zölle kaum.Dafür blüht das Geschäft mit den für den Transit durch die EU deklarierten Tiertransporten.Wenn als Bestimmung Marokko oder der Libanon angegeben sind, entfallen Zoll und Einfuhrumsatzsteuer.Eine Garantie, daß die Tiere tatsächlich durch die EU gefahren und nicht vorher in Deutschland abgeladen und hier verkauft werden, übernehmen weder Zoll noch Agrarministerium."Wir haben unsere Kontrollmechanismen in letzter Zeit erhöht", sagt der stellvertretende Vorsteher des Frankfurter Hauptzollamtes, Bernhard Busse."Doch Nachforschungen nach jedem einzelnen Transport können wir kräftemäßig nicht schaffen." Oft dauere die Bestätigung, daß die Tiere tatsächlich in Frankreich entladen worden sind, mehrere Wochen.Es könne vorkommen, daß sie in Deutschland illegal verkauft werden.In den Schlachthöfen müssen die Tiere zwar an Ohrmarken und an einem Blechstreifen identifiziert werden, doch fälschungssicher sind diese offenbar nicht, wie ein vor zwei Jahren aufgeflogener Betrug mit 39 000 polnischen Bullen und Schafen zeigte.Sie wurden bei Berlin abgeladen und von Fälschern "eingedeutscht".

SIMONE WENDLER[COTTBUS]

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