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Brandenburg: „Begabtenförderung kann nicht früh genug beginnen“ Brandenburg führt das Abitur nach 12 Jahren ein – der neue Bildungsminister hat schon Erfahrung damit

Herr Rupprecht, vor 14 Tagen hat Ihnen Ministerpräsident Matthias Platzeck telefonisch den Job des Bildungsministers angeboten. Haben Sie gezögert?

Herr Rupprecht, vor 14 Tagen hat Ihnen Ministerpräsident Matthias Platzeck telefonisch den Job des Bildungsministers angeboten. Haben Sie gezögert?

Einen Tag. Dann stand für mich fest: Ich bin wild entschlossen.

Warum?

So eine Frage stellt man mir im Leben nur ein einziges Mal. Es ist zwar ein Risiko, aber auch eine große Chance. Ein Nein würde ich bereuen.

Sie sind Schulleiter des Potsdamer Humboldt-Gymnasiums. Künftig werden Sie für 330 000 Schüler und 23 000 Lehrer zuständig sein. Keine Selbstzweifel?

Doch, natürlich habe ich Manschetten, aus Respekt vor der Aufgabe. Angst habe ich keine.

Warum nicht?

Weil ich im Ministerium eine gute Mannschaft vorfinde. Deren Arbeit nach außen zu vertreten, darin sehe ich eine meiner wichtigsten Aufgaben. Ich glaube, ich bin ein ganz guter Verkäufer. Das habe ich an meiner Schule gelernt. Jetzt werde ich versuchen, Leute für das brandenburgische Bildungssystem zu begeistern.

Das gehört laut Pisa-Vergleich bislang zu den schlechteren in Deutschland.

Es reizt mich, das zu verändern, auch wenn es nicht von heute auf morgen geht. Die eingeleitete Reform muss fortgeführt werden. Im Übrigen ist das Schulsystem besser als sein Ruf.

Was war Ihr Erfolgsrezept als Schulleiter?

Wir haben an einem Strang gezogen, hatten ein leistungsfähiges motiviertes Kollegium, tolle Schüler, ein stadtbekannt gutes Schulklima.

Wie motiviert man Lehrer?

Nicht durch Anweisungen. Lehrer müssen eine Solidargemeinschaft bilden. Denn es gibt immer Probleme im Schulalltag. Mein Stil ist es, kollegial zu arbeiten.

Ein Novum in Deutschland: Die Landesregierung führt das 12-Jahre-Abitur nach sechsjähriger Grundschule ein. An Ihrem Gymnasium wird dieses Schnellläufer-Modell „6 plus 6“ bereits in einer Klasse erprobt. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?

Das Modell 6 plus 6 ist gut. Ich habe selbst in dieser 7. Klasse unterrichtet. Es ist eine völlig normale Klasse, dort sind nicht nur ausgewählte Spitzenschüler. Nach meinen Erfahrungen bin ich überzeugt: Wir können in sechs Jahren nicht nur Spitzenschüler zum Abitur führen, sondern alle Schüler.

Andere Gymnasien locken mit Schnellläufer-Klassen „4 plus 8“, also ab der 5. Klasse. Ist die Konkurrenz zweier Modelle nicht kontraproduktiv?

Nein. Das ergänzt sich. Begabungsförderung kann nicht früh genug beginnen.

Die Koalition hat klargestellt, dass „6 plus 6“ das Regelmodell sein wird. Das heißt auch: mehr Wochenstunden. Wird die Belastung nicht zu groß?

Die Praxis zeigt, dass man das ausgleichen kann. Wir haben es an unserem Gymnasium so gelöst, dass es an zwei Tagen zusätzlichen Unterricht am Nachmittag gibt. Einmal Sport, einmal im Fach Lebensgestaltung, Ethik, Religion – jeweils für zwei Stunden.

Es wird kein Unterricht am Samstag nötig?

Die Zusatz-Stunden lassen sich auf die Woche verteilen. Dann werden die Kinder eben zwei Nachmittage bis halb vier betreut. Der Trend geht ohnehin in diese Richtung: Die Gymnasien werden gewissermaßen zu Ganztagsschulen.

Bleiben Sie parteilos?

Schauen wir mal.

Die Fragen stellte Thorsten Metzner

Holger Rupprecht , 51, wird nach 29 Jahren im Schuldienst Bildungsminister. Zuletzt leitete er ein Potsdamer Gymnasium, wo ein Modellversuch zum 12-Jahre- Abitur läuft.

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