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Brandenburg: Besetzer der Irakischen Botschaft geflüchtet

Landkreisamt ließ die verurteilten Geiselnehmer ausreisen – es fehlte an Kommunikation mit der Berliner Justiz

Spremberg. Eine Informationspanne zwischen Berliner und Brandenburger Behörden hat vier Geiselnehmern, die im August 2002 die Irakische Botschaft in Berlin besetzt hatten, die Flucht ermöglicht. Die bislang im Spremberger Asylbewerberheim untergebrachten Männer durften nach Jordanien fliegen, obwohl die Berliner Justiz sie nur unter Auflagen aus der Haft entlassen hatte. „Davon wussten wir aber nichts“, sagte eine Sprecherin des Landkreisamtes Spree-Neiße in Forst, das der Ausreise zugestimmt hatte.

Insgesamt fünf Männer hatten am 20. August 2002 die Berliner Botschaft des damals noch von Saddam Hussein regierten Irak besetzt, um „die Befreiung Bagdads einzuleiten“. Sie bezeichneten sich als Mitglieder einer – zuvor unbekannten – Oppositionsgruppe. Nach fünf Stunden konnte die Polizei die Geiselnahme unblutig beenden. Im vorigen September verurteilte das Landgericht Berlin die Täter zu mehrjährigen Haftstrafen. Deren Anwälte legten jedoch Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Damit wurde das Urteil vorerst nicht rechtskräftig. Die Justiz entließ die Männer aus der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit unter der Auflage, dass sie sich zweimal wöchentlich beim zuständigen Polizeiabschnitt in Spremberg melden müssten.

In der Folgezeit lehnten die Brandenburger Behörden die Asylanträge der vier in Spremberg wohnenden Iraker ab – und stellte sie vor die Wahl, freiwillig auszureisen oder ausgewiesen zu werden. „Wir kannten nur den Entlassungsschein der Vollzugsanstalt Moabit, in dem keine Auflagen erwähnt sind“, so Landratssprecherin Jana Weber. Als die Männer ihre freiwillige Ausreise ankündigten, sei außerdem noch das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) kontaktiert worden, dem aber nur ein Einreiseverbot für Frankreich bekannt gewesen sei.

Eine in Bonn ansässige Hilfsorganisation, die „International Organisation for Migration“ habe den Männern je 600 Euro als Reise- und Startbeihilfe zukommen lassen, sagte die Sprecherin des Landratsamtes. Vom Landratsamt hätten sie kein Geld bekommen – dies hatte das Magazin „Focus“ berichtet. Die Iraker flogen Anfang März in Frankfurt am Main ab. Laut „Focus“ sollen sie dann aus Jordanien in den Irak weiter gereist sein und sich dort mit ihrem Anführer bei der Botschaftsbesetzung getroffen haben, der sich bereits im Herbst aus Deutschland abgesetzt habe.

Nach Auskunft des Berliner Gerichtssprecher Arnd Bödeker prüft die Justiz nun, warum die Brandenburger Ausländerbehörde die Meldeauflagen nicht kannte, obwohl der zuständige Polizeiabschnitt in Spremberg informiert war. Sollte sich eine Schuld von Beamten zeigen, könnten förmliche Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung folgen. Die Staatsanwaltschaft in Berlin ließ außerdem inzwischen die alten Haftbefehle wieder in Kraft setzen, damit international nach den Geiselnehmern gefahndet werden kann.

Unklar ist unter anderem noch, warum sich die Ausländerbehörde in Spremberg mit der Entlassungsbescheinigung der Moabiter Haftanstalt begnügte. Denn laut Gerichtssprecher Bödeker handelt es sich bei solchen Papieren „immer um eine reine Mitteilung der Entlassung“ ohne Erwähnung etwaiger Meldeauflagen.

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