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Brandenburg: Blumen statt Bomben, Pfiffe für Platzeck

Der geplante Truppenübungsplatz mobilisierte 8000 Menschen zum größten Ostermarsch. Der Ministerpräsident musste in der Prignitzer Heide um Glaubwürdigkeit kämpfen

Fretzdorf. Das hat es in der zwölfjährigen Geschichte der Ostermärsche gegen das geplante Bombodrom bei Wittstock noch nicht gegeben. Gleich drei Mitglieder von Landesregierungen sprachen am Sonntag zu den diesmal rund 8000 Teilnehmern. Im Vorjahr hatte nur der Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Professor Wolfgang Methling (PDS), die Gegner des von der Bundeswehr beabsichtigten Bombenabwurfgeländes unterstützt. Diesmal standen auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) an seiner Seite auf der Bühne an der Grenze des umstrittenen Truppenübungsplatzes.

Zu ihren Füßen hatten Dutzende freiwillige Helfer mit 3000 gelben Stiefmütterchen die Botschaft des Tages gestaltet: „Freie Heide“. Danach sehnen sich die Anwohner der Kyritz-Ruppiner Heide seit dem Abzug der russischen Streitkräfte 1992. Sie fordern eine friedliche und touristische Nutzung des 12000 Hektar großen und derzeit abgesperrten Areals zwischen Neuruppin, Wittstock und Rheinsberg.

Aber das politische Trio wurde auf der größten Osterdemonstration nicht nur gefeiert: Für Platzeck etwa gab es Pfiffe. Er hatte jahrelang diese Demonstrationen ignoriert und als Entschuldigung die Rücksicht auf den CDU-Koalitionspartner genannt. Erst seit dem Umschwenken der Christdemokraten vor noch nicht einmal einen Monat traut sich der Regierungschef wieder zu den Bombodrom-Gegnern. Allerdings ist die Bürgerinitiative „Freie Heide“ gewarnt. Schon mancher Politiker versprach ihnen vor anstehenden Wahlen ein Ende des Übungsbetriebes – und wollte danach davon nichts mehr wissen. „Wir wollen deshalb Klarheit über die Zukunft des Platzes noch vor der Landtagswahl am 19. September“, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative, Pfarrer Benedikt Schirge.

Platzeck kündigte an, sich in den nächsten Tagen mit den Organisatoren des Ostermarsches über die nächsten Schritte abzustimmen. „Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten gegen eine Inbetriebnahme des Übungsplatzes prüfen“, sagte er. „Aber Prozesse können fünf Jahre dauern. So lange wollen wir nicht warten. Wir brauchen eine politische Lösung.“ Die Region rund um Wittstock besitze nur wenig wirtschaftliches Potenzial, dazu gehöre der Tourismus. Platzeck wandte sich gegen die Forderung, in Deutschland ganz auf die Bundeswehr zu verzichten. „Soweit ist die Welt noch nicht“, meinte er.

Die aktuelle Diskussion um den Aufbau Ost griff Berlins Vertreter Harald Wolf auf. Ostdeutschland brauche keine Investitionen in eine zerstörerische Technik, sondern in die Wissenschaft und in die Wirtschaft. Von den von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) angekündigten 500 Millionen Euro, die er mit dem Übungsplatz in die Region bringen wolle, sollten 200 Millionen Euro für die Munitionssuche eingesetzt werden. Für den Rest gebe es weitaus sinnvollere Verwendungen, sagte Wolf.

Am 1. Mai treffen sich die Bombodrom- Gegner zur nächsten Kundgebung. Sie beginnt im Strandbad Mirow an der Südspitze der Müritz um 14 Uhr. Vor allem Wassersportler und Touristen wollen auf die Gefahren durch Tieffluglärm aufmerksam machen. Die veranstaltende Bürgerinitiative „Freier Himmel“ aus Mecklenburg hofft wieder auf viele Teilnehmer auch aus Brandenburg und Berlin.

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