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Brandenburg: Bombardier verkündet Abbau von 440 Jobs in Hennigsdorf

IG Metall spricht von 548 Jobs / Betriebsrat berät Konsequenzen

Hennigsdorf. Noch ist die Belegschaft des Schienenfahrzeugherstellers in Hennigsdorf so umfangreich, dass sie nicht in eine Sporthalle passt. Deshalb musste die Geschäftsführung des Zweigbetriebs des kanadischen Konzerns Bombardier gestern gleich zweimal die bittere Nachricht vom geplanten Stellenabbau verkünden, jeweils für die Hälfte der 2400 Mitarbeiter – und im Abstand von einer Stunde. Die schlechte Botschaft war schon Ende der vergangenen Woche durchgesickert: 440 Stellen in der Fertigung von Triebwagen werden in dem Hennigsdorfer Werk gestrichen. Für die betroffenen Arbeiter und Angestellten sollen 240 Ersatzarbeitsplätze zur Verfügung stehen – 120 in Aachen, 100 in Görlitz und 20 in Kassel.

Die IG Metall verbreitete gestern allerdings andere Zahlen. Laut Industriegewerkschaft sind vom geplanten Stellenabbau 548 Arbeitsplätze betroffen. Das wären noch über 100 mehr, als von Bombardier angekündigt wurde. Wie der IGMetall-Bevollmächtigte Philipp Becker sagte, ist von den Streichungen rund jeder dritte Beschäftigte des Bereichs Fertigung betroffen.

Der Hennigsdorfer Betriebsrat beriet gestern über Konsequenzen für die Belegschaft und über mögliche Kampfmaßnahmen. Einzelheiten wurden noch nicht mitgeteilt. Die Aufgeregtheit ist indes groß, denn: „Wir befürchten, dass der Arbeitsplatzabbau das Ende des gesamten Produktionsstandorts sein könnte“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Michael Wobst dem Tagesspiegel. Irgendwann werde die Kapazität des abgespeckten Werks so gering, dass es sich nicht mehr trage. Dieser Darstellung widersprach indes die Konzernführung. Als Beweis für das Zutrauen in den Standort nannte sie den Umzug des Berliner Bombardier-Tochter Faga von Marzahn nach Hellersdorf.

Wie groß die Bereitschaft der Schienenbauer sei, in andere Städte umzuziehen, lässt sich laut Betriebsrat Wobst nicht sagen. Das werde man in den nächsten Tagen besprechen. Für alle anderen Beschäftigten müssten nun sozial verträgliche Lösungen gefunden werden. Ob es schon eine Lösung für die 21000 Einwohner zählende Stadt Hennigsdorf gibt, war gestern von Bürgermeister Andreas Schulz (SPD) nicht zu erfahren. Er war nicht zu erreichen. Dabei dürfte die Bombardier-Kündigungen durchaus Folgen haben, gilt doch, dass von jedem Industriearbeitsplatz gewöhnlich zwei bis drei weitere Jobs bei Zulieferern und Dienstleistern abhängen. Offensichtlich konnte Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) auf seiner jüngsten Kanada-Reise die Konzernleitung nicht von ihren Streichungsplänen abbringen.

Allerdings ist in Hennigsdorf der Abbau von Arbeitsplätzen nichts Neues mehr: Zur Zeit der Wende zählte der VEB Lokomotivbau – Elektrotechnische Werke knapp 8000 Beschäftigte. Zunächst vom Alteigentümer AEG übernommen, wurde das Werk Mitte der neunziger Jahre von Adtranz übernommen. Seit Mai 2001 gehört es zum Bombardier-Konzern. Claus-Dieter Steyer

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