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© Manfred Thomas

Brandenburg: Berliner Bürgerschreck will Rheinsberg regieren

Freke Over will Bürgermeister sein – wie Uwe Klett. Auch andere Berliner zieht es nach Brandenburg

Rheinsberg / Potsdam - So mancher Politiker tauschte in der jüngsten Vergangenheit die Berliner Bühne mit einer Position in Brandenburg. Dabei handelt es sich durchaus um bekannte Namen, die einst die Zeitungsspalten füllten. Nach Luhme bei Rheinsberg hat es beispielsweise Freke Over verschlagen, der einst nach dem Mauerfall die Hausbesetzerszene in der Mainzer Straße in Friedrichshain wesentlich bestimmt und fast zehn Jahre im Abgeordnetenhaus für die PDS Politik gemacht hatte. Seit 2004 verwandelt der 41-Jährige aus Wolfsburg als „Koch, Hausmeister und Außenminister“ zusammen mit seiner Frau ein früheres Urlaubsdomizil der Konsumgenossenschaft in das „Ferienland Luhme“. Vor allem junge Familien mit Kindern verleben auf dem Areal mit zwei Siedlungshäusern, neun Bungalows und einer Scheune einen preiswerten Urlaub. „Doch das füllt mich längst nicht aus“, sagt Freke nun und kündigt ein großes Ziel an: „Ich will Bürgermeister von Rheinsberg werden.“

Der Posten ist seit der Wahl im September vakant, weil der bisherige Amtsinhaber Manfred Richter von der SPD nach 19 Jahren in den Brandenburger Landtag zog. Die Linken haben Over für die Wahl am 10. Januar einmütig nominiert. „Rheinsberg ist spannend, weil wir hier eine Entwicklung erleben, die den meisten anderen Kommunen in Deutschland noch bevorsteht“, erzählt der Kandidat, der einst mit seiner Firma KGB (Kohle-Gips-Bier) die linke Friedrichshainer Szene versorgte und sich bei den etablierten Politikern schnell einen Ruf als „Bürgerschreck“ erwarb. Nun muss sich Over mit anderen Problemen befassen. „Die Schließung des Kernkraftwerks nach der Wende bedeutete für die Region um Rheinsberg nicht nur den Wegfall anspruchsvoller Arbeitsplätze, sondern löste eine starke Abwanderung aus.“, sagt der Kandidat: „Der demografische Wandel zu einer älteren Bevölkerung ist außerdem hier hautnah zu erleben.“

So verwundert es nicht, dass sich Freke Over vorrangig für eine „barrierefreie Mobilität“, einen besseren Nahverkehr sowie einen örtlichen Bauhof für kleinere Arbeiten und ein besseres Verhältnis zwischen der Kernstadt und den 16 eingemeindeten Dörfern in der Umgebung einsetzen will. Auf dem Papier stehen die Chancen zwar nicht gut für ihn, weil die SPD bei den letzten Wahlen knapp 30 und die Linken nur 17 Prozent erreichten. „Aber ich habe in Berlin immerhin in einer Regierungspartei gearbeitet und kenne den Umgang mit Behörden. Das müsste reichen“, sagt Over selbstbewusst über seine Chancen.

Uwe Klett hat in der 12 600 Einwohner zählenden Doppelgemeinde Fredersdorf-Vogelsdorf am östlichen Berliner Stadtrand schon das geschafft, wovon Freke Over noch träumt. Der ehemalige langjährige Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, der sich im Dauerstreit mit der Berliner Landesregierung gegen zu heftige Sparauflagen wehrte, arbeitet seit fast einem Jahr als Rathauschef in der rasant wachsenden Kommune. Da sich die Bevölkerungszahl seit der Wende hier verdoppelt hat, gilt das Hauptaugenmerk des Politikers der Linken den Kindern und Jugendlichen. „Wir brauchen Spiel- und Bolzplätze, mehr Jugendklubs und Kitas“, sagte er in seiner Antrittsrede im Dezember 2008. Seine Erfolge führt er ebenfalls vor allem auf die langjährigen Erfahrungen mit der Berliner Verwaltung zurück.

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Freke Over -

© pa/ZB

Davon profitiert auch der frühere Baustadtrat in Prenzlauer Berg, Matthias Klipp, der seit September Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bauen in Potsdam ist. Hier will er die kommunalen Unternehmen zu einem verstärkten Wohnungsbau motivieren, um die Mieten bezahlbar zu halten. „Man muss aufpassen, dass Potsdam nicht dem Kuss des Geldes erliegt und sozial auseinanderfällt“, sagte er bei seiner Vorstellung. Die Hälfte der Potsdamer wohne schließlich nicht in Villen, sondern in der Platte.

In keiner offiziellen Funktion reist der Berliner Mitbegründer des Neuen Forums, Reinhard Schult, regelmäßig durch Brandenburg. Er berät dort im Auftrag des Berliner Büros des Stasi-Beauftragten Opfer des Regimes. Er saß selbst einst als DDR-Oppositioneller im Gefängnis. Claus-Dieter Steyer

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