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Brandenburg: Nach Stasi-Vorwurf: Abgeordneter soll Mandat niederlegen

Gerd-Rüdiger Hoffmann hatte seiner Partei stets versichert, sich nie als IM verpflichtet zu haben. Doch nachdem der Linke-Abgeordnete sich nach wie vor weigert, seine Stasi-Vergangenheit offenzulegen, setzt die Fraktion ihn nun unter Druck.

Wegen seiner zwei Jahrzehnte verheimlichten Spitzeltätigkeit für die DDR-Staatssicherheit lässt die Brandenburger Linkspartei den Abgeordneten Klaus-Rüdiger Hoffmann fallen: Der Linke-Landesvorstand und die Führung der Landtagsfraktion hat dem kulturpolitischen Sprecher am Montag empfohlen, sein Landtagsmandat niederzulegen, das der 55-jährige Philosoph und Afrika- Forscher in der Lausitz knapp direkt gewann. Die Entscheidung sei jeweils „einstimmig“ gefallen, sagte Parteichef Thomas Nord. Hoffmann, der am Montag einen Termin mit der Linke-Führung platzen ließ, ließ über seinen Anwalt verlauten, dass er auf dem Mandat beharren will.

Ausschlaggebend für die Empfehlung der Linke-Gremien war, dass Hoffmann eine Zusammenarbeit mit der Stasi bis jetzt bestreitet, womit er gegen einen Bundesparteitags-Beschluss der PDS von 1991 verstößt. „Es gibt einen gültigen Beschluss zum öffentlichen Umgang mit DDR-Biografien, um beim Wähler glaubwürdig zu sein“, sagte Nord. Hoffmann habe „mit seinem Verhalten jedoch dazu beigetragen, dass diese Glaubwürdigkeit Schaden genommen hat, weil er nicht die Kraft dazu fand, sich zu seiner Vergangenheit zu bekennen.“ Heute wird sich die Linke-Fraktion mit dem Fall beschäftigen, der das rot-rote Regierungsbündnis in Erklärungsnot gebracht hat.

Doch selbst nach den Linke-Maßstäben hat Hoffmann seine Wähler getäuscht. Anders als beim Parteichef und Bundestagsabgeordneten Thomas Nord selbst, bei Fraktionschefin Kerstin Kaiser, den Abgeordneten Axel-Henschke und Hans-Jürgen Scharfenberg, die trotz seit einem Jahrzehnt bekannter früherer IM-Tätigkeit ihre Wahlkreise direkt gewannen, war über eine IM-Tätigkeit Hoffmanns vor der Landtagswahl nichts bekannt. Selbst nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat er nur Kontakte zur Stasi zugegeben, angeblich, weil er sich einst vergeblich für das Stasi-Wachregiment bewarb. Selbst die eigene Partei war von den Enthüllungen überrumpelt worden, dass Hoffmann von 1970 bis 1975 als IM „Schwalbe“ tätig war, als 18-jähriger Mitschüler der Erweiterten Oberschule Senftenberg und später Kameraden bei den Grenztruppen bespitzelt hatte. Er traf sich mit Führungsoffizieren in konspirativen Wohnungen, es gibt handschriftliche Berichte. Zuletzt war bekannt geworden, dass eine Verpflichtungserklärung existiert. Die Akte endet 1975 mit dem Beginn seines Philosophiestudiums Leipzig. Angeworben worden war Hoffmann allerdings schon als 17-jähriger, mit dem Einverständnis seines Vaters.

Hoffmann äußerte sich nicht persönlich zur jüngsten Entwicklung. Stattdessen verbreitete der von ihm beauftragte Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel, letzter DDR–Innenminister, eine Erklärung, in der von einem Mandatsverzicht keine Rede ist. Danach kann sich Hoffmann „nicht konkret erinnern.“ Und er geht davon aus, dass er „wegen seines Engagements in den vergangenen zwanzig Jahren“ zum Abgeordneten der Linke-Fraktion gewählt wurde. Laut Erklärung will er diese Position „konsequent beibehalten“, und auch darum „kämpfen, dass nie wieder Jugendliche, so wie es ihm geschah, in die Fänge von Geheimdiensten gelangen.“ Darum geht es gar nicht. „Sein Schweigen ist das Problem“, sagte etwa Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, der wie andere Fraktionen das Linke-Votum „überfällig“ nannte. „Die Linke hat die Notbremse gezogen, um den Ruf der Koalition nicht noch weiter zu ruinieren.“

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