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Brandenburgs Innnenminister Dietmar Woidke (SPD) schaut sich mit Bürgermeisterin Hannelore Brendel in Mühlberg (Brandenburg) die Lage vor Ort an.

© Bernd Settnik/ dpa

Brandenburgs Innenminister zum Hochwasser: Woidke: Ganz Deutschland kämpft an den Deichen

Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke spricht im Interview über die Hilfsbereitschaft - aber auch über den Umgang mit Katastrophentouristen bei der Flut und ist erschrocken, dass die Unvernunft manchmal keine Grenzen kennt.

Herr Woidke, Sie haben an diesem Sonntagmittag mit einem Polizeieinsatz in der Prignitz gegen Schaulustige gedroht. Warum – was war konkret das Problem?

Bei Quitzöbel hatten sich rund 100 Katastrophentouristen eingefunden. Dort liefen seit der Nacht enorme Anstrengungen, um einen gefährdeten Deichabschnitt zu sichern. Die Gaffer haben die Einsatzkräfte behindert. Das ist unverantwortlich. Wenig später sollte die geplante Flutung der Havelpolder erfolgen. Die Schaulustigen haben sich auch noch selbst in Gefahr gebracht. Deswegen die Order: Die sollen alle verschwinden, aber sofort!

Hat die Drohung gewirkt?

Ja. Der Bereich um die Wehranlage konnte vollständig von Personen und Fahrzeugen geräumt werden.

Nach den Katastrophenschutzgesetzen der Länder – auch Brandenburgs – besteht die Möglichkeit, jeden Bürger, der dazu in der Lage ist, notfalls zur Hilfe heranzuziehen, ihn also zu zwingen, beispielsweise Sandsäcke zu schleppen. Warum wird davon in solchen Fällen wie in der Prignitz kein Gebrauch gemacht?

Würde ich gerne tun. Es wird aber wohl nichts helfen. Stellen Sie sich vor: Hunderte Menschen arbeiten mit vollem Einsatz bis zur Erschöpfung auf den Sandsackfüllplätzen, und dann haben Sie dort unmotivierte, zwangsverpflichtete Katastrophentouristen dazwischen. Die bringen den ganzen Betrieb durcheinander und halten alles auf. Das fehlte noch. Am späten Freitagabend wurden zwei betrunkene Kajakfahrer in der Prignitz vor Lenzen festgestellt – die waren da bei Rekordhochwasser auf dem Fluss unterwegs. Was soll man mit solchen Leuten bloß machen? Die Unvernunft kennt bisweilen keine Grenzen.

Abgesehen von dem Vorfall in der Prignitz: Die Menschen helfen sich doch ansonsten sehr gut gegenseitig. Gibt es nach den vielen Fluten – besonders nach der großen Oderflut und der an der Elbe – so etwas wie eine gewachsene Hilfsroutine deutschlandweit; nach dem Motto: „Du hast mitgeholfen, ich helfe dir und anderen“? Mein Eindruck: Viele Bürger warten nicht auf Hilferufe, sie starten?

Absolut. Ganz Deutschland kämpft derzeit an den Deichen. Auch in Brandenburg sind Einsatzkräfte von Feuerwehren, THW, Bundeswehr und Hilfsorganisationen aus vielen Bundesländern im Einsatz. Und auch wir haben mit Kräften etwa in Sachsen und Sachsen-Anhalt unterstützt. Man hilft sich. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Hut ab vor diesen Leuten, die ganz überwiegend Ehrenamtliche sind. Die Stimmung ist phänomenal. Als wir nach der beschlossenen Evakuierung von Mühlberg auf dem dortigen Sandsackfüllplatz eintrafen, rief jemand quer über den ganzen Platz: ‚Wir geben Mühlberg nicht auf!’ Dort waren auch Einsatzkräfte aus Hessen. Diese Haltung ist fabelhaft. Und in der Prignitz ist es genauso.

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