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Brandenburg: Chipfabrik-Lehrlinge trotz voller Kassen gefeuert

Laut Liquidationsplan wäre genügend Geld für ihre Ausbildung vorhanden. Regierungschef Platzeck erinnert Manager an ihre Verantwortung

Potsdam. Die Communicant AG in Frankfurt (Oder) könnte die Ausbildung der von ihr zum 1. März gekündigten 129 Lehrlinge weiterhin finanzieren. Wie der Tagesspiegel am Donnerstag aus Gesellschafterkreisen erfuhr, steht das Chipfabrik-Unternehmen finanziell besser da, als bisher angenommen. Laut Liquidationsplan stünden nach Zahlung aller Verpflichtungen immer noch knapp zehn Millionen Euro zur Verfügung, hieß es.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erinnerte die Gesellschaft gestern an ihre Verantwortung für die Lehrlinge. Dem Tagesspiegel sagte Platzeck: „Es darf nicht dazu kommen, dass an die Manager hohe Abfindungen gezahlt werden, aber die Lehrlinge auf der Straße liegen.“ Die Landesregierung werde dafür sorgen, dass das nicht passiere.

Unterdessen haben rund 20 Lehrlinge der mit dem Bau der Chipfabrik gescheiterten Communicant AG am Donnerstag beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) Kündigungsschutzklagen eingereicht. Mit diesem Schritt soll nach Angaben der IG Metall Zeit gewonnen werden, um mit der Unternehmsführung doch noch eine Auffanglösung auszuhandeln. Zuvor war bekannt geworden, dass die Manager des Unternehmens, an dem das Land mit knapp sechs Prozent beteiligt ist, Abfindungen in Höhe von insgesamt drei Millionen Euro kassieren sollen (der Tagesspiegel berichtete). Dagegen laufen Politiker aller Landtagsparteien Sturm. „Das gesamte vorhandene Geld sollte für die Lehrlingsausbildung verwendet werden", forderte gestern der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses Heiko Müller (SPD). Die Landesregierung müsse die bisher der Öffentlichkeit nicht bekannten Zahlen des Liquidationsplans umgehend offen legen.

Für den umstrittenen Vorstandschef Abbas Ourmazd wird es inzwischen „eng", wie der Tagesspiegel aus Gesellschafterkreisen weiter erfuhr. Auf der Gesellschafterversammlung am kommenden Montag, auf der die Liquidation des Unternehmens beschlossen werden soll, könnte ihm das Vertrauen entzogen werden. Ein entsprechender Misstrauensantrag der Landesinvestitionsbank, die den Landesanteil verwaltet, sowie der privaten Investoren-Gruppe GSMC Planning liege vor, hieß es. Allerdings sollen das Emirat Dubai als Hauptgesellschafter und der US-Chiphersteller Intel als weiterer Gesellschafter gegen die Ablösung von Ourmazd sein. Sie halten zusammen über 50 Prozent der Anteile und könnten deshalb den Misstrauensantrag „abschmettern". Hinter den Kulissen werden nach Tagesspiegel-Informationen jedoch intensive Gespräche geführt, um eine Mehrheit für die Ablösung von Ourmazd zustande zu bekommen.

Voraussetzung für eine saubere Abwicklung des Unternehmens sei ein „unabhängiger Liquidator", sagte der Wirtschaftsausschuss-Vorsitzende Heiko Müller. Er vermutet, dass Dubai daran möglicherweise kein Interesse hat, um über Ourmazd doch noch an die vom Frankfurter Institut für Hableiterphysik (IHP) entwickelte Technologie heranzukommen. Sollte dem Vorstand das Vertrauen entzogen werden, könnten auch die Abfindungszahlungen an die Manager verhindert werden, betonen Insider.

Michael Mara

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