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Brandenburg: Das tragische Ende einer Familie

Drama in Neukölln: Mann im Koma, zwei Frauen tot

Berlin - Kottbusser Damm, Neukölln, ein Hochhaus, Neubau, mintfarben eingefasste Wintergartenfenster zur Straße hin. Die Lamellenjalousien im ersten Stock sind heruntergelassen. Sie sind so etwas wie der letzte Vorhang des Dramas, das sich hier abspielte. Bis Freitag war Familie J. eine Familie, von der die Nachbarn sagen, dass man sie vom Sehen her kannte. Den Vater vor allem, der mit seiner behinderten Tochter oft spazieren ging. Jetzt sind zwei Frauen tot, ein Mann liegt im Koma.

Der Mann ist Roman J., 44 Jahre alt. Die beiden toten Frauen Maria J. (43) und Anna J. (19) waren seine Frau und seine Tochter. Die Polizei hat die beiden Leichen am Freitagabend in der Wohnung der Familie gefunden. Vieles, so heißt es bei der Polizei, deute auf einen so genannten erweiterten Suizid hin. Die Ermittler sollen Abschiedsbriefe gefunden haben, aus denen hervorgeht, dass alle Familienmitglieder freiwillig aus dem Leben scheiden wollten. Fremdeinwirkung schließt die Polizei definitiv aus. Die genaue Todesursache der beiden Frauen steht bisher nicht fest. Die Polizeibeamten vermuten Tod durch Medikamente. Genauere Einzelheiten soll eine Obduktion klären; deren Ergebnisse lagen gestern noch nicht vor.

Eine Nachbarin und die Inhaberin eines Blumenladens schräg gegenüber der Wohnung der Familie sagen, sie hätten Roman J. dafür bewundert, wie er mit den Schicksalsschlägen umgegangen sei. Wie er gekämpft und sich für seine Familie aufgeopfert habe. Die Tochter war von Geburt an behindert und pflegebedürftig. Nach übereinstimmender Auskunft mehrerer Nachbarn hatte die Ehefrau vor einiger Zeit einen schweren Verkehrsunfall und war seitdem querschnittsgelähmt. Der Mann soll nach dem Unfall seiner Frau die Arbeit aufgegeben haben, um Frau und Tochter pflegen zu können. Nun vermutet die Polizei, Roman J. habe die psychische und physische Belastung nicht mehr ertragen.

Gab es Anzeichen für die bevorstehende Tragödie? Bekannt ist bisher nur, dass Roman J. einem Bekannten der Familie Unterlagen zukommen ließ – mit der Bitte, diese erst in einer Woche zu öffnen. Als der Bekannte die Post schließlich öffnete, fand er unter anderem Abschiedsbriefe. Er alarmierte sofort die Polizei. Zu spät. Als die Feuerwehr am Freitag durch ein Fenster in die Wohnung der Familie einstieg, waren die beiden Frauen nach Polizeiangaben schon längere Zeit tot. Roman J. fanden die Polizisten in kritischem Zustand. Warum er noch am Leben war, die beiden Frauen aber nicht, konnte die Polizei gestern noch nicht sagen.

Samstagmorgen, der Tag danach. Es scheint sich herumgesprochen zu haben, was hinter den Jalousien im ersten Stock passierte. Geschäftsleute werden von ihren Kunden angesprochen, Passanten bleiben plötzlich auf dem Gehsteig stehen, deuten mit dem Finger auf die Fenster der Wohnung. Betretenes Kopfschütteln. Einen ähnlichen Fall hatte es zuletzt im Dezember 2004 gegeben, als in Rudow eine damals 52-Jährige ihren schwerbehinderten Sohn umgebracht und hinterher versucht hatte, sich selbst das Leben zu nehmen. mne/tabu

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