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Brandenburg: Die Braut, die sich nicht traut

Während in der Hauptstadt die Lust auf Länderehe wächst, fürchten immer mehr Brandenburger die Fusion. Weil sie Geld kosten würde

Potsdam. Warum zieren sie sich so, die Brandenburger? Warum wollen sie partout die Länderehe nicht? Dabei sind die Berliner doch willig. Nach der jüngsten, zum Jahreswechsel veröffentlichten Umfrage sind derzeit 69 Prozent der Gesamt- und sogar 73 Prozent der Ost-Berliner für einen Zusammenschluss beider Länder. In Brandenburg ist die Zahl der Befürworter hingegen auf 51 Prozent und weniger geschrumpft – die Umfragen liefern da kein einheitliches Bild. Sie stimmen aber darin überein, dass die Zahl der Fusionsgegner wächst, besonders stark an der Peripherie des Landes.

CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger, die aus ihrer Fusionsskepsis nie einen Hehl gemacht hat, sieht sich durch die neuesten Zahlen aus Berlin bestätigt: „Die Berliner wissen, dass vor allem sie von einer Fusion profitieren würden.“ Weil sie Schulden abgeben könnten. Die Brandenburger könnten dagegen keine Vorteile erkennen: Sie befürchteten, dass viele Entscheidungen zugunsten Berlins fallen werden. CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm, einst glühender Befürworter, inzwischen eher ein Skeptiker, sieht es ähnlich: In den Randregionen Brandenburgs sei die Stimmung mies. Viele glaubten dort, dass sie von der Regierung in Potsdam schon jetzt vernachlässigt, aber bei einer Länderfusion ganz aufgegeben würden.

Aufschlussreich ist, dass es nach den Umfragen vor allem bei CDU-Anhängern einen Stimmungswechsel gegen die Fusion gibt: sowohl in Berlin als auch in Brandenburg, wo die Zahl der Befürworter seit 2000 von 70 auf 52 Prozent zurückgegangen ist. Blechinger führt das darauf zurück, dass angesichts der Finanzkrisen beider Länder „die Zweifel am Erfolg“ der Fusionspläne bei den Christdemokraten gewachsen seien. „In Brandenburg steht es um die Finanzen schon schlimm, aber in Berlin noch viel schlimmer.“ Schönbohm setzt noch eins drauf: „Die CDU-Anhänger glauben nicht, dass die rot-rote Koalition in Berlin die Probleme lösen kann.“ Klar sei aber auch, dass es dann keine Fusion geben werde.

PDS-Fraktionschef Lothar Bisky macht für den Fusionsfrust in Brandenburg vor allem die Große Koalition verantwortlich: Ministerpräsident Matthias Platzeck sende zwar ab und an Fusionssignale, aber insgesamt sei seine SPD zögerlich und die CDU ohnehin voll dagegen. „Es ist niemand da, der glaubwürdig Optimismus für die Fusion vermittelt“, sagt Bisky. Das einzig Beständige sei die offene Haltung der PDS. Den Antikurs der CDU führt Bisky auch auf „machtpolitische Interessen“ zurück. Die CDU könne angesichts der politischen Kräfteverhältnisse in Berlin-Brandenburg im Moment keine Vorteile bei einer Fusion erkennen. Deshalb nehme sie eine Blockadehaltung ein und stelle den Zeitplan in Frage. PDS-Vorschläge, wie die, zügig die gemeinsame Verfassung auszuarbeiten und aus Kostengründen den Preußischen Landtag in Berlin als künftigen Parlamentssitz zu wählen, würden abgelehnt. Auch Bisky sieht deshalb die Chancen einer Fusion nur bei „50 zu 50“, sollten SPD und CDU „ihr Theater fortsetzen“.

Zu diesem „Theater“ zählt für den PDS-Fraktionschef auch der Streit, welchen Namen das künftige Land tragen soll. Kürzlich hatte sich Verfassungsgerichtspräsident Peter Macke dafür ausgesprochen, das gemeinsame Land nur „Brandenburg“ zu nennen, was in Berlin sogleich auf Proteste gestoßen war. Im vergangen Jahr hatte der damalige SPD-Sozialminister Alwin Ziel zum Entsetzen aller Landtagsparteien „Preußen“ als Namen für das vereinigte Land vorgeschlagen. Ministerpräsident Matthias Platzeck hält hingegen den Namen „Berlin-Brandenburg“ für den einzig realistischen.

Michael Mara

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