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Brandenburg: Die Bundeswehr blieb allein am Tisch zurück

Die vom umstrittenen Truppenübungsplatz bei Wittstock betroffenen Gemeinden bleiben hart. Kurz nach Beginn der Anhörung ihrer Bedenken im Rathaus der Dosse-Stadt beantragten sie die Einstellung dieses Verfahrens.

Die vom umstrittenen Truppenübungsplatz bei Wittstock betroffenen Gemeinden bleiben hart. Kurz nach Beginn der Anhörung ihrer Bedenken im Rathaus der Dosse-Stadt beantragten sie die Einstellung dieses Verfahrens. "Die Veranstaltung ist eine Farce", sagte Rechtsanwalt Rainer Geulen, der die Anliegergemeinden und den Kreis Ostprignitz-Ruppin vertritt. Der Bund besitze auf dem fraglichen Gelände fast kein Eigentum, die betroffenen Flächen seien vom Land Brandenburg gerade unter Naturschutz gestellt worden und außerdem habe die Bundeswehr nur dürftige Unterlagen über die künftige Nutzung vorgelegt. Eine halbe Stunde nach Beginn der Veranstaltung verließen die Vertreter der meisten Gemeinden unter Protest den Saal. "Wir lassen uns von der Bundeswehr keine Werbefilme zeigen", sagte Pfarrer Benedikt Schirge. "Uns geht es um unsere Zukunft, aber die Armee nimmt uns nicht ernst."

Seit 1992 kämpft die Bürgerinitiative "Freie Heide" gegen eine militärische Weiternutzung der 144 Quadratkilometer großen Kyritz-Ruppiner Heide zwischen Neuruppin, Rheinsberg und Wittstock. Damals zogen die russischen Truppen gerade ab, die das Gelände Anfang der fünfziger Jahre in einer Nacht-und-Nebel-Aktion als "Bombodrom" beschlagnahmt hatten. Während die meisten Anwohner vor fast zehn Jahren auf ein Ende der täglichen Tiefflüge und Bombenabwürfe hofften, beanspruchte die Bundeswehr nach anfänglichem Zögern den Platz für sich. Seitdem werden die Auseinandersetzungen vor Gerichten ausgetragen. Im Frühjahr hatte das Bundesverwaltungsgericht die Bundeswehr zu einem förmlichen Planungsverfahren aufgefordert, um Für und Wider eines Übungsplatzes abwägen zu können.

Vor dem Rathaus prallten die Meinungen der Befürworter und Gegner unterdessen offen aufeinander. Während Abordnungen aus gut einem Dutzend betroffener Gemeinden gegen einen Truppenübungsplatz demonstrierten, regneten aus mehreren Fenstern bunte Flugblätter herab. Darauf verlangte die "Initiative Pro Bundeswehr", dem Truppenübungsplatz zuzustimmen. "Die Bundeswehr hat uns eine Garnison mit 800 Soldaten versprochen", sagte der frühere Forstarbeiter Manfred Hirche. "Das würde endlich Arbeit in die Stadt bringen." Wittstocks FDP-Bürgermeister Lutz Scheidemann verwies auf die Wahlen am vergangenen Sonntag: "Als Befürworter der Bundeswehr bin ich klar im Amt bestätigt worden. Das sagt alles über die Stimmung in der Stadt." Auch Oberst Wolfgang Baltes ließ keinen Zweifel an der Notwendigkeit des Platzes. "So lange Jagdflieger zur Bundeswehr gehören, müssen sie gut ausgebildet sein. Denn niemand weiß, ob sie von der Politik schon in allernächster Zukunft zum Einsatz gerufen werden." Ganz anderer Meinung war da der Neuruppiner Landrat Christian Gilde (SPD). "Von der Bundeswehr werden bei der Terrorbekämpfung keine Jagdflieger zum Bombenabwurf verlangt, sondern ganz andere Einheiten." Außerdem sollte sich niemand auf die Zusage der Bundeswehr für eine Garnison verlassen. Das könne sich bei der Sparpolitik von heute auf morgen ändern. "Wir wollen den Tourismus in unserer Gegend entwickeln", sagte Gilde. "Der hat aber bei Tiefflugeinsätzen keine Chance."

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