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Brandenburg: „Die Chipfabrik wird gebaut“

Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns greift aus Dubai in die Debatte ein

Herr Junghanns, Sie verhandeln in Dubai über die Chipfabrik in Frankfurt an der Oder. Wie hat der Hauptinvestor auf die jüngsten Enthüllungen im „Spiegel“ reagiert?

Wir haben selbstverständlich darüber gesprochen. Nach wir vor gilt für unsere Partner und uns: Wir halten am Ziel einer wirtschaftlich erfolgreichen Chipfabrik in Frankfurt an der Oder fest.

Trotzdem wachsen die Zweifel: Hat die Chipfabrik wirklich noch eine Chance?

Die Unruhe ist sicherlich nicht nützlich für das Projekt. Wenn Vorwürfe begründet sind, werden wir uns damit befassen. Aber ich bin gerade nach meinen Gesprächen mit hochrangigen Vertretern des Emirats Dubai überzeugt, dass die Chipfabrik eine Chance hat.

Manche Koalitionspolitiker wollen jetzt „die Notbremse ziehen“.

Das ist nicht meine Position. Man muss mit diesen Vorwürfen umgehen. Vieles hängt mit der schwierigen Geburt des Projektes zusammen. Ich kann nur betonen, dass die Vorhaltungen nicht die tatsächliche Situation des Projektes treffen. Es haben sich Investoren zusammengefunden, die weiterhin hochmotiviert sind und eine neue Technologie mit wirtschaftlichen Erfolg auf den Markt bringen wollen. Das jetzt attackierte Vertragswerk ist zwar kompliziert, insgesamt aber ausgewogen.

Das Land hat ja bereits 75 Millionen Euro in die Fabrik gesteckt. Ist es noch vertretbar, weitere rund 370 Millionen Euro staatlicher Fördermittel und eine BundLandes-Bürgschaft von rund 500 Millionen Euro freizugeben?

Die nächsten Schritte hängen, nach den geschlossenen Verträgen, von klaren Bedingungen ab. Das heißt, die Gelder fließen erst, wenn die Gesamtfinanzierung steht.

Intel hat die neue Spitzen-Technologie des Instituts für Halbleiterphysik (IHP) bekommen und erhält seine 40-Millionen-Dollar-Einlage über Lizenzgebühren in nur fünf Jahren komplett zurück, geht also kein Risiko ein. Liegen solche Verträge im Interesse Brandenburgs?

Das Engagement von Intel ist im Interesse Brandenburgs. Wenn so getan wird, als ob dies zu Lasten Brandenburgs geht, trifft das nicht den Kern. Ich stimme mit Intel und den anderen Investoren überein, dass ein ausgewogenes Gesamtpaket geschnürt wurde.

Dennoch meint selbst der SPD-Wirtschaftssprecher Heiko Müller, dass Brandenburg über den Tisch gezogen wurde?

Koalitionspolitiker müssten es eigentlich besser wissen.

Tatsache ist, dass Intel in Kürze ähnliche Chips produzieren will. In Frankfurt ist ein zweijähriger Zeitverzug eingetreten. Ist die Technologie nicht längst veraltet, wenn das Werk 2005 mit der Produktion beginnt?

Intel hat bei seinen Aktivitäten immer auch die Investition in Frankfurt an der Oder im Blick und gleicht seine eigenen Entwicklungen damit ab. Deshalb kann ich gegenwärtig keinen Konflikt erkennen. Allerdings muss die Frankfurter Technologie ständig weiterentwickelt werden, damit sie auf dem Weltmarkt bestehen kann. Hier sehe ich eine große Herausforderung, zumal wir uns in einem dynamischen Markt bewegen. Dieser ist aber so groß, dass wir in ein spezielles Nachfrage-Segment hineinstoßen.

Trotzdem fehlt noch immer ein Kredit in Höhe von 670 Millionen Euro, obwohl Bund und Land ihn zu 78 Prozent verbürgen wollen. Wird sich nach den Turbulenzen jetzt noch eine Bank finden?

Es wird nicht leichter. Banken überzeugt man durch ein tragfähiges Business-Konzept. Daran wird gearbeitet und ich bin optimistisch, dass das gelingt.

Das Land ist nicht im Aufsichtsrat von Communicant vertreten, obwohl es mit 38 Millionen beteiligt ist. Wird das geändert?

Die Communicant AG befindet sich noch in Gründung. Wir haben kein Eigenkapital gezeichnet, die Mittel sind nur kreditiert. Natürlich muss das Land, wenn das Eigenkapital gezeichnet ist, auch durch eine Vertrauensperson im Aufsichtsrat vertreten sein.

Der „Spiegel“ hat den Vorwurf erhoben, dass öffentliche Gelder veruntreut worden seien. Wird es eine Untersuchung geben?

Für eine Veruntreuung habe ich keine Anzeichen. Und deshalb keinen Anlass, auf solche Behauptungen einzugehen.

Sie hatten eine Audienz bei Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, dem starken Mann Dubais. Wäre Dubai bereit, sich stärker zu engagieren, um die Chipfabrik zu retten?

Es geht um keinen Rettungsplan, sondern darum, den vereinbarten Arbeitsplan umzusetzen. Die Rahmenbedingungen sind für alle Beteiligten definiert. Jetzt müssen wir die Gesamtfinanzierung zum Abschluss bringen. Es kann sein, dass dabei neue Fragen entstehen. Heute stellen sie sich nicht.

Die Chipfabrik wird keine Investruine?

Nein, die Chipfabrik wird gebaut. Und ich wünsche mir, dass sie nicht erst 2005 fertig wird. Wir werden jetzt Druck machen.

Das Interview führten Michael Mara und Thorsten Metzner

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