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Brandenburg: Die Madonnen-Erscheinung von Burg Ziesar

Einzigartige Wandmalerei wird bis nächstes Jahr freigelegt. Dann öffnet ein Museum

Ziesar. Autofahrer kennen Ziesar an der Autobahn2 kurz vor der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt fast ausschließlich von Verkehrsmeldungen im Radio. In Kürze aber sollen hier Kultur- und Geschichtsinteressierte durch ein mindestens in Norddeutschland einmaliges Kunstwerk zu einem Abstecher angeregt werden. Die derzeit von Restauratoren freigelegte Wandmalerei in der Kapelle auf der Burg Ziesar sucht ihresgleichen. Sie ist mehr als 500 Jahre alt und zieht sich als Rarität über sämtliche Wände und zwei Etagen. Die Fertigstellung ist für das nächste Jahr geplant, wenn in den Räumen der einstigen Bischofsresidenz ein Museum für brandenburgische Kirchen- und die Kulturgeschichte des Mittelalters eröffnet werden soll.

„Ziesar ist in der Brandenburger Geschichtsschreibung bislang tatsächlich völlig unterschätzt worden“, sagt Clemens Bergstedt, der Kurator des künftigen Museums. „Die Landesgeschichte beginnt eben nicht erst mit dem Großen Kurfürsten. Und hier in Ziesar kann man am authentischen Ort die Rolle der Bischöfe und die mittelalterlichen Lebenswelten kennen lernen.“

Zwar wurden die mit Beginn der Reformation übertünchten Wandmalereien schon um 1862 erstmals entdeckt, aber sie gerieten mit der Zeit schlicht in Vergessenheit. Der Raum diente als Geräteschuppen, Stall und Getreidespeicher. Zu DDR-Zeiten wurde die Kapelle zwar von der katholischen Kirche genutzt, aber die Burg war als Schule und Internat kein Anziehungspunkt.

Nun aber hat sich der Schatz hinter den dicken Feldsteinmauern sogar bis nach New York herumgesprochen. Der dort ansässige World Monuments Fund schickte seine Experten kürzlich zur Begutachtung der Wandmalerei in die Kapelle – und kam zu einem euphorischen Befund. Die Darstellung des Paradiesgartens mit einer Madonna im Strahlenkranz und einem vor 1500 entstandenen Relief mit fünf Heiligen sei nahezu einmalig, hieß es. Der weltweit den Denkmalschutz unterstützende Fonds überwies umgehend 75000 Dollar für die Restaurierung. Nun steht Ziesar in einer Reihe mit der Hagia Sophia in Istanbul, mit der Synagoge in Krakau, dem Theater von Versailles und weiteren 350 Kunstobjekten, für die sich die Organisation bisher engagierte. Die Kapelle ist das erste Vorhaben in Brandenburg und nach dem Torgauer Schloss das zweite in Ostdeutschland.

Zu den 75000 Dollar aus New York kommen weitere 75000 Euro von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse. Schon jetzt kann den Künstlern bei der Freilegung der Figuren und Ornamente über die Schulter geschaut werden – sofern allerdings mindestens zehn Grad Celsius herrschen. Bei niedrigeren Temperaturen versagen die Farben.

Insgesamt kostet die Sanierung der mittelalterlichen Burganlage 5,2 Millionen Euro. 2,6 Millionen Euro zahlt die EU, den Rest teilen sich Bund, Land und die Stadt. „Ich bin sehr froh, dass sich hier so viele Partner engagieren“, sage Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) bei ihrem Besuch am gestrigen Mittwoch. „Wir restaurieren nicht nur, sondern besitzen mit dem geplanten Kirchenmuseum ein gutes Nutzungskonzept für die ehemalige Bischofsburg.“ An der Ausstellung, die die geistlichen Residenzen der Mark Brandenburg widerspiegeln solle, arbeiten die Universität Potsdam und die Fachhochschule Potsdam wesentlich mit.

Die Burg Ziesar gelangte im Jahre 948 in den Besitz des neu gegründeten Bistums Brandenburg und war von Mitte des 12. bis zum 16. Jahrhundert Residenz der Bischöfe. Die Burgkapelle wurde 1470 als katholische Pfarrkirche geweiht. Wer sich für Stadt und Burg und ihre vielen Legenden interessiert, kann sich am Ostersonnabend einer einstündigen Führung mit Bürgermeister Dieter Sehm anschließen, Treffpunkt ist um 14 Uhr am Burgeingang. Die Kita am Storchenturm lädt anschließend zu Kaffee und Kuchen ein.

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