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Brandenburg: „Die Regierungsfähigkeit der CDU ist gefährdet“

In der Brandenburger Union ist ein Kampf um die Macht ausgebrochen Der Landesvorsitzende Jörg Schönbohm fürchtet um sein politisches Erbe

Wie bewerten Sie den Anspruch Ihres früheren Generalsekretärs Sven Petke, Sie als Parteichef beerben zu wollen?

Es ist klar geworden, dass Herr Petke nicht gewillt ist, sich einzufügen, dass er vor allem sich selbst und nicht die Partei sieht. Ich hatte ihm geraten, sich einzuordnen und nach der Landtagswahl 2009 eine wichtige Aufgabe zu übernehmen. Aber er zieht es vor, jetzt für den Vorsitz zu kandidieren, im Wissen, dass er die Partei damit weiter polarisiert. Das ist nicht gut für die CDU.

Hat Petke die Qualitäten, die ein Vorsitzender braucht?

Ich will das nicht im Einzelnen bewerten, aber ich sage ganz offen, ich werde mich dafür einsetzen, dass Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns Parteivorsitzender wird. Herr Junghanns integriert, Herr Petke polarisiert.

Manche halten Petke für das größte politische Talent in Brandenburgs CDU.

Ich habe Sven Petke immer für eine politische Begabung gehalten. Zum politischen Erfolg gehört aber die Fähigkeit, auch jene mitzunehmen, die anders denken als man selbst. Er muss erst noch lernen, wie man ein Team-Player wird.

Herr Petke hat seine Kandidatur einen Tag nach seinem von Ihnen erzwungenen Rücktritt wegen der E-Mail-Affäre erklärt. Ein Racheakt?

Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es auch ein Verzweiflungsakt. Ihm muss aber klar sein, welche Belastung er damit der Partei zufügt. Er ist 38 Jahre alt und hat sein politisches Leben noch vor sich, aber er möchte jetzt schon den Höhepunkt in Brandenburg erreichen. Das erscheint mir sehr waghalsig.

Einige CDU-Politiker behaupten, Sie hätten Petke unter fadenscheinigen Gründen zum Rücktritt gezwungen und deshalb seine Kandidatur provoziert?

Es waren schwerwiegende Gründe, nicht nur Verstöße gegen den Datenschutz. Dass die Entscheidung richtig war, zeigt die Reaktion von Herrn Petke darauf.

Er gilt als Ihr Ziehsohn, Sie haben ihn gefördert, sich trotz Warnungen von Parteifreunden bei Affären immer wieder vor ihn gestellt, zunächst sogar bei der E-Mail-Affäre. Bereuen Sie das?

Nein. Er ist eine politische Begabung, darum habe ich ihn zum Generalsekretär gemacht. Auf die charakterlichen Defizite bin ich von anderen immer hingewiesen worden. Ich habe darüber auch mit Herrn Petke gesprochen, aber er hat sich nicht so entwickelt, wie ich es erhofft habe. Das ist schon enttäuschend.

Herr Petke hat als erster CDU-Politiker seine Kandidatur erklärt und so ein Vakuum gefüllt. War es taktisch falsch, dass Wirtschaftsminister Junghanns, Ihr Wunschnachfolger, seinen Anspruch bisher nicht angemeldet hat?

Herr Petke versucht jetzt, das Marschtempo zu bestimmen. Ich gehe davon aus, dass sich Herr Junghanns erklären wird, sobald der Termin des Wahlparteitages feststeht. Das ist der geeignete Zeitpunkt. Auch wenn Petke jetzt Unruhe schafft, wird alles seinen geordneten Gang gehen.

Sie haben die Brandenburger Union einst als zerstrittenen Haufen übernommen, aus ihr erst eine ernst zu nehmende Partei gemacht. Jetzt, am Ende Ihrer Ära, ist sie wieder tief zerstritten. Schmerzt sie das?

Ja, die Entwicklung schmerzt mich. Ein Wettbewerb mehrerer Kandidaten ist ein normaler Vorgang. Aber das Problem ist, dass sich in den letzten anderthalb Jahren herausgestellt hat, dass zu bestimmten Politikfeldern unterschiedliche Auffassungen bestehen. Ich erinnere an die Diskussion um das gebührenfreie letzte Kita- Jahr. Seitdem sind Sach- und Personalfragen miteinander vermischt worden, was mit der Kandidatur von Petke auf die Spitze getrieben wird. Die gegenseitigen Angriffe sind beunruhigend. Es haben sich Lager herausgebildet, und daran hat Herr Petke einen maßgeblichen Anteil. Ich hoffe, dass wir wieder zur Geschlossenheit zurückfinden.

Sie haben die Machtkämpfe mit ausgelöst, indem sie im Herbst 2005 ihren Rücktritt für 2007 angekündigt haben. Viel zu früh?

Ich habe dies unter dem Eindruck der am Rande des Erträglichen geführten Debatte um meine Proletarisierungs-Äußerung angekündigt. Taktisch gesehen war es ein Fehler, ganz eindeutig.

Herr Petke hat sich an die Spitze der Erneuerungsbewegung gesetzt. Hätten Sie damit nicht früher beginnen müssen?

Es war nicht Herr Petke, es war der Landesvorstand, der auf meine Anregung beschlossen hat, dass wir 2006 ein neues Programm erarbeiten. Herr Petke hat sich vor allem mit der populistischen Forderung nach einem beitragsfreien letzten Kita-Jahr hervorgetan. Der Modernisierer der Partei ist er nicht.

In Cottbus ist Ihnen die Partei nicht gefolgt und ein Bündnis mit der PDS eingegangen. Hat Herr Petke Sie hintergangen?

So weit will ich nicht gehen. Aber ich bin über die Gefahr, dass es zu einem solchen Wahlbündnis kommen könnte, durch den Generalsekretär unzutreffend informiert worden.

Sorgen Sie sich, dass die Regierungsfähigkeit der CDU wieder verloren gehen könnte, wenn die Partei sich weiter zerstreitet und spaltet?

Ich mache mir schon Sorgen. Die Gefahr, dass die CDU ihre Regierungsfähigkeit verliert, besteht. Das sollten alle im Hinterkopf haben. Nur eine regierungsfähige Partei kann das Land gestalten und sich selbst weiter entwickeln. Wer anderer Auffassung ist, muss sich nur das Beispiel Rheinland-Pfalz ansehen, wo sich die CDU zerlegt hat.

Beim Koalitionspartner SPD gibt es bereits Stimmen, dass bei einer Wahl Petkes zum CDU-Vorsitzenden vorgezogene Neuwahlen und Rot-Rot absehbar wären?

Ich glaube, die SPD wäre gut beraten, sich zu diesen Fragen nicht zu äußern.

Was empfinden Sie, wenn Sie den Zustand der Landespartei betrachten?

Ich werde 2007 acht Jahre Parteivorsitzender sein. Vorher gab es sieben Parteivorsitzende. Ich hätte mir mein Ausscheiden schon anders vorgestellt. Man kommt schon ins Grübeln, wie sich Leute verhalten, die man gefördert hat. Aber ich sehe meine Aufgabe jetzt darin, die notwendige Auseinandersetzung zu einem guten Ende zu führen.

Wollen Sie immer noch bis 2009 Innenminister bleiben?

Über Rücktritte spekuliert man nicht, die macht man. Ich hab’ einmal den Fehler gemacht und einen Termin genannt. Ich werde hier tätig sein, solange ich gebraucht werde.Das Interview führten Michael Mara und Thorsten Metzner

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