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Brandenburg: Die Sorben setzen auf das Wort der Kanzlerin Finanzierungsvertrag muss neu verhandelt werden Angela Merkel hatte ausreichend Geld versprochen

Striesow - Die etwa 20 000 Sorben in Brandenburg blicken zum Jahresende mit einigen Sorgen in die Zukunft. „Das Finanzierungsabkommen, das unseren Institutionen seit 1998 das Überleben sicherte, muss 2006 neu verhandelt werden“, sagt der Vorsitzende des brandenburgischen Sorbenrats, Harald Konzack.

Von Sandra Dassler

Striesow - Die etwa 20 000 Sorben in Brandenburg blicken zum Jahresende mit einigen Sorgen in die Zukunft. „Das Finanzierungsabkommen, das unseren Institutionen seit 1998 das Überleben sicherte, muss 2006 neu verhandelt werden“, sagt der Vorsitzende des brandenburgischen Sorbenrats, Harald Konzack. Der Vertrag laufe 2007 aus, völlig unklar sei bislang, wie es dann weitergehen soll.

Mehr noch: Bislang habe die neue Bundesregierung nicht einmal einen Beauftragten für nationale Minderheiten benannt. Unter der alten Regierung hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans- Peter Kemper diese Funktion ausgeübt. Er war zugleich auch für Aussiedler zuständig. Zwar teilte das Innenministerium gestern mit, dass der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner (CDU), neuer Aussiedlerbeauftragter werde – nicht zu erfahren aber war im Innenministerium, ob Bergner auch für die nationalen Minderheiten verantwortlich sein wird.

Dies sei typisch dafür, welcher geringe Stellenwert den Minderheiten in Deutschland eingeräumt wird, findet Hannes Kell. Der 35-jährige Anlageberater aus der sorbischen Gemeinde Striesow bei Cottbus hat im März die Wendische Volkspartei gegründet. Sie soll künftig als parlamentarische Interessenvertretung der in Brandenburg und Sachsen lebenden slawischen Minderheit fungieren.

Dass es die Wendische Volkspartei aufgrund eines Formfehlers nicht schaffte, bereits an den letzten Bundestagswahlen teilzunehmen, entmutigt Hannes Kell ebenso wenig wie die Tatsache, dass seine Partei erst 65 Mitglieder zählt: „Wichtig ist, dass wir sehr viel selbstbewusster als bisher unsere Interessen vertreten“, sagt er. Das aber gehe schlecht, wenn man immer am Tropf der Bundesregierung und der Länder hänge.

Das 2007 letztmalig greifende Finanzierungsabkommen sah vor, dass die Zuwendungen für die Sorben von acht Millionen Euro im Jahr 1998 schrittweise auf vier Millionen Euro verringert würden. Weil sich die Domowina jedes Jahr gegen die Kürzungen wehrte, hatten die Landesregierungen Brandenburgs und Sachsens sowie der Bund Jahr für Jahr die Kürzungen weniger kräftig ausfallen lassen. Trotzdem musste bei sorbischen Institutionen wie Theater und Nationalensemble drastisch gespart werden. 300 Arbeitsplätze fielen weg, schätzt Harald Konzack: „Das ist viel bei einem kleinen Volk.“

Bei den Verhandlungen über die künftige Finanzierung werde sich entscheiden, ob die neue Bundeskanzlerin zu ihrem im Wahlkampf gegebenen Versprechen stehe, sagt Benedikt Dyrlich, der Chefredakteur der sorbischen Zeitung „Serbske Nowiny“. Merkel hatte versprochen, die Sorben so auszustatten, dass ihre Einrichtungen erhalten bleiben können. Wenn sie sich daran nicht mehr erinnere, könne man ja auf den sorbischen Brauch der „Woklapnica“ zurückgreifen, schlägt Harald Konzack vor: In den sorbischen Dörfern müssen die Bürgermeister Anfang Januar vor allen Einwohnern Rechenschaft über ihre Arbeit im vergangenen Jahr ablegen. Seit geraumer Zeit dürfen auch Frauen daran teilnehmen. Die Bundeskanzlerin könnte also kommen.

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