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Brandenburg: Die Wähler dürfen gleichdrei Kreuze machen

Auch der neue Oberbürgermeister steht zur Entscheidung an

Potsdam. Für die rund 128 000 Einwohner der brandenburgischen Landeshauptstadt wird der 22. September nicht nur der Tag der Bundestagswahl sein. Die Potsdamer haben gleichzeitig ein neues Stadtoberhaupt zu wählen, nachdem der bisherige Oberbürgermeister Matthias Platzeck (SPD) vor einigen Wochen zum Ministerpräsidenten Brandenburgs gekürt wurde. Und das symbol- und prestigeträchtige Potsdam ist, ob bei der Oberbürgermeister- oder bei der Bundestagswahl, für die Strategen der Parteien ein spannendes Pflaster.

Zwar gilt beim Ringen um den Chefsessel im Rathaus Jann Jakobs, der bisherige SPD-Sozialbeigeordnete und Platzeck-Stellvertreter, als Favorit. Er verspricht vor allem Kontinuität, führt zur Zeit die Rathausgeschäfte und kann deshalb mit dem Amtsbonus ins Rennen gehen - zum Unmut der Opposition. Doch bezweifeln viele, dass der etwa spröde Verwaltungsfachmann ostfriesischer Herkunft ein so blendender „Potsdam-Verkäufer“ sein kann wie sein Vorgänger. Auch, dass er erst jetzt von Berlin nach Potsdam umziehen will, kam nicht unbedingt gut an. Anders als vor vier Jahren, als der „Hoffnungsträger“ Platzeck im damals krisengeschüttelten Potsdam auf Anhieb 63 Prozent der Stimmen holte, ist deshalb eine Stichwahl (Termin: 27. Oktober) sogar wahrscheinlich.

Die PDS, die in Potsdam über eine Wählerklientel von rund 30 Prozent verfügt, hat ihren langjährigen Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg ins Rennen geschickt. Im Stadtparlament gilt Scharfenberg, der zu DDR-Zeiten Dozent und Parteisekretär an der Babelsberger SED-Akademie für Staat und Recht war und inzwischen die „graue Eminenz“ der Potsdamer PDS ist, als einer der besten Intimkenner des Rathauses. Hartnäckig hält sich jedoch in Potsdam das Gerücht, dass der Pragmatiker Scharfenberg in Wirklichkeit nicht den OB-Posten anstrebt, sondern die mit der OB-Kandidatur von Jakobs vakante Sozialbeigeordnetenstelle und damit eine rot-rote Stadtregierung.

Wieland Niekisch, der CDU-Kandidat und Kreischef der Union, hat im „roten Potsdam“ zwar keine reale Siegeschance. Doch hat Niekisch als Landtagsabgeordneter mit einem ehrgeizig-ambitionierten Wahlkampf durchaus gepunktet. Es gilt als wahrscheinlich, dass er gegenüber 1998, wo er gerade mal zehn Prozent erreichte, einige Prozentpunkte zulegen kann. Die weiteren vier OB-Kandidaten, darunter Peter Schüler (Bündnisgrüne) und der Anwalt Stefan Bauer (FDP), gelten als chancenlos.

Der Mann, der 1994 in Potsdam beinahe der erste PDS-Oberbürgermeister Deutschlands geworden wäre, konnte für seine Partei diesmal gar nicht erst in den Ring gehen: Rolf Kutzmutz war bereits zum Spitzenkandidat der Brandenburger PDS und als PDS-Direktkandidat in Potsdam gekürt. Die junge SPD-Kandidatin Andrea Wicklein tritt im traditionellen „Kaiserwahlkreis“, den einst Karl Liebknecht holte und den die SPD seit 1990 immer gewann, als Favoritin an. Doch setzen PDS-Strategen diesmal darauf, dass ihr die schlagartig bekannt gewordene CDU-Kandidatin Katherina Reiche, die Edmund Stoiber zur Bundesministerin machen will, Stimmen abnehmen wird. „Dann wäre Kutzmutz der lachende Dritte.“ Thorsten Metzner

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