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Brandenburg: Duell in Potsdam

Linke und Sozialdemokraten kämpften um die Vormachtstellung in der Landeshauptstadt

Potsdam - Schon um 9 Uhr am Sonntag an die Wahlurne? Kein Problem für Hans-Jürgen Scharfenberg von der Linken. Er mache mit seiner Frau ohnehin jeden Sonntag „pünktlich um acht Uhr“ einen Spaziergang durch sein Wohngebiet. „Das hält frisch.“ Diesmal war auch sein Sohn mit dabei. Der 18-Jährige ist Erstwähler. Dass Scharfenberg seine Stimme ausgerechnet im Leibniz-Gymnasium abgeben kann, freut den Chef der stärksten Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung: Die Linke hatte sich für den Umbau der Schule in dem Plattenbaugebiet eingesetzt. Zu den Aussichten sagte er, die SPD habe einen „aggressiven Wahlkampf“ gemacht, man werde sehen, wie die Wähler das bewerten. Ziel der Linken sei es, wieder stärkste Fraktion zu werden.

Scharfenbergs Dauerrivale, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) müsste sein Amt eigentlich erst 2010 wieder verteidigen. 2002 hatte er die Oberbürgermeisterwahlen nur knapp mit 124 Stimmen Vorsprung gegen Scharfenberg gewonnen. Dass er nun freiwillig im Wahlkreis IV, dem Potsdamer Süden, als SPD-Spitzenkandidat den direkten Vergleich mit Scharfenberg sucht, nennt dieser nicht unbeeindruckt „einen Husarenstreich“. Der Linksfraktionschef erklärte gestern hinsichtlich möglicher Konsequenzen für Jakobs im Falle einer deutlichen Niederlage gegen ihn: Der Oberbürgermeister habe sich „ins Duell“ begeben und müsse mit dem Ergebnis entsprechend umgehen.

Der gebürtige Ostfriese Jakobs und der aus Sachsen stammende Scharfenberg sind zwar gleichen Jahrgangs – aufgrund ihrer unterschiedlichen Charaktere wird ihre Fehde jedoch gern mit der von Don Camillo und Peppone aus den Romanen von Giovanni Guareschi verglichen.

„Ich bin kein Morgenmensch“, gestand der Oberbürgermeister gestern, als er sich mit seiner Frau und dem Hund Luci dem Wahllokal näherte. Ihr Sohn Hanno ist ebenfalls Erstwähler, lag zu dieser Zeit aber noch im Bett. Auf den frühmorgendlichen Aktionismus seines Widersachers angesprochen, sagte Jakobs: „Ich mache meinen Sonntagsspaziergang erst nach dem Mittagessen.“ Den Vorwurf des „aggressiven Wahlkampfes“ parierte Jakobs: Scharfenberg stehe ihm in diesen Dingen „in Nichts zurück“, könne aber „schlechter einstecken“. Die SPD habe sich viel einfallen lassen und wichtige Themen wie die Verkehrsprobleme in der Stadt oder den Kita- und Schulneubau besetzt. „Ich gehe davon aus, sagte Jakobs, „das wir gut abschneiden“.

Wie Scharfenberg und Jakobs waren auch viele andere Potsdamer schon früh an den Urnen: Bis 14 Uhr hatten 29,6 Prozent der 126 534 Wahlberechtigten ihren Stimmen abgegeben, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Vor fünf Jahren waren es zu dieser Zeit erst 23,9 Prozent. Kurz nach 16 Uhr meldete der Wahlleiter dann eine Wahlbeteiligung von 35,4 Prozent. Guido Berg

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