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Ein Tag im Berliner Landgericht: Vier Schüler missbraucht: Gefängnis für Profi-Boxtrainer

Werner Papke verging sich nach Auffassung der Richter an mehreren Jungen. Der 76-Jährige beteuert seine Unschuld und spricht von einer Verschwörung.

Der Prozess gegen den schmächtigen Mann mit weißem Haar zog sich fast 40 Verhandlungstage hin. Werner Papke, der legendäre Profi-Boxtrainer, wollte nicht aufgeben. Er setzte auch kurz vor dem Urteil zu einer langen Rede an. In seinem Schlusswort sprach er von völlig haltlosen Anschuldigungen. Die Richter aber sahen das ganz anders: Der 76-Jährige wurde gestern zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

Papke wurde des sexuellen Missbrauchs in 49 Fällen schuldig gesprochen. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass er sich zwischen Ende 1991 und Dezember 2002 an insgesamt vier Jungen verging. Die Übergriffe hätten in der Regel mit Streicheleien und Küssen begonnen, sagte der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte rieb sich mal das Kinn, schüttelte dann den Kopf. Er hatte zu Beginn des Prozesses im November 2006 erklärt: „Alles gelogen, bei mir in der Boxschule wurde nie Unwesen getrieben.“

Vier Jahrzehnte war Papke im Box-Geschäft. Im Prozess listete er seine Erfolge auf, beschrieb seinen Umgang mit den nicht immer einfachen Jungs und wetterte über Leute, die ihn „fertig machen“ wollten. Die ehemaligen Schützlinge, die ihn mit ihren Aussagen auf die Anklagebank gebracht haben, die Ehefrau eines der Boxschüler und ein Konkurrent aus der Berliner Boxszene – sie alle würden „unter einer Decke stecken“.

Die Berliner Trainerlegende betrieb zuletzt in Moabit eine Boxhalle. Er wurde hoch geschätzt als Entdecker von Talenten. Eines der „Riesentalente“ fiel ihm kurz nach der Wende im Ostteil der Stadt auf. Er drückte dem damals zwölfjährigen Jungen 20 D-Mark in die Hand und lud ihn in sein „Profi-Box-Gym“ ein. Bald darauf wohnte der Schüler zeitweise bei dem Trainer. Mit 16 Jahren wurde er der jüngste deutsche Profiboxer aller Zeiten, gewann später einen Europameister-Kampf. Im Prozess war der junge Mann Nebenkläger.

Der späten Anzeige waren Gerüchte vorausgegangen. Warum er sich vorher nicht an die Polizei gewandt habe, wurde einer der Zeugen gefragt. „Werner ist im Boxen eine Persönlichkeit. Ich sah keine Chance für mich.“ Nach Angaben des heute 33-Jährigen waren die Jungen, die der Trainer befummelt haben soll, alle von ähnlichem Typ: „Klein, süß, zierlich und dunkelhaarig.“ Die Staatsanwaltschaft war zunächst von sexuellem Missbrauch von Kindern in 178 Fällen angegangen. Etliche Vorwürfe ließ sie jedoch im Prozess fallen.

Papke hatte Freispruch verlangt. Der Trainer hatte unter anderem erklärt, dass er physisch zu den von den Zeugen geschilderten Handlungen nicht in der Lage gewesen wäre. Er wird vermutlich Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Kerstin Gehrke

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