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Brandenburg: Eine diplomatische Tour

Der Ministerpräsident kennt die russische Seele und sammelte Sympathien – das hilft der Wirtschaft

Von Sandra Dassler

Der kleine Versprecher tat Matthias Platzeck nicht weh. Im Gegenteil – als der Gesandte der Deutschen Botschaft in Moskau ihn irrtümlich als baden-württembergischen Ministerpräsidenten begrüßte, grinste Brandenburgs Regierungschef und half dem Gesandten schnell über die Verlegenheit hinweg: „Wenn man Brandenburg schon mit Baden-Württemberg verwechselt, sind wir auf gutem Weg.“

Es war nicht das einzige Mal, dass Platzeck bei seiner gestern beendeten viertägigen Moskau-Reise die Lacher auf seiner Seite hatte. Dass er offiziell als Bundesratspräsident nach Russland gereist war und dort mit allen diplomatischen und protokollarischen Regeln konfrontiert wurde, tat seiner gelegentlichen Spontaneität keinen Abbruch. In erster Linie nutzte er die Reise allerdings, um Wirtschaftskontakte zu knüpfen oder auszubauen.

Das scheint ihm gelungen zu sein. Die Moskauer haben Interesse am brandenburgischen Waldbrandwarn- und am Tsunami-Frühwarnsystem. Außerdem soll es künftig eine Kooperation zwischen der Moskauer Luftfahrtmesse MAKS und der ILA geben. Auch die mitreisenden 29 Unternehmer aus Berlin und Brandenburg seien sehr zufrieden, schätzte Platzeck ein. Die Mark Arinstein Maschinen und Anlagen GmbH aus Dahlwitz-Hoppegarten legte den Grundstein für ein Technologiezentrum am Flughafen Wnukowo, andere Firmen unterschrieben neue Aufträge, viele vereinbarten Kooperationen.

Politiker können zwar nicht die Arbeit der Unternehmer tun, aber bei ihren ausländischen Kollegen manche Türen öffnen. Auch dank seiner Ost-Biografie war dies nicht schwer für Platzeck: Die Kenntnis der Sprache und der russischen Seele erleichterte ihm den Zugang zu seinen Partnern sichtlich. Spätestens wenn Platzeck erzählte – und er erzählte es eigentlich immer – was sich kürzlich bei der Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Kesselschlacht bei Halbe zutrug: „Da haben sich 80-Jährige, die sich damals als Feinde gegenüberstanden, an den Gräbern ihrer Kameraden die Hände gereicht. Das wollten sie noch tun, bevor sie sterben.“ Die Russen waren jedesmal gerührt.

Nur Moskaus Oberbürgermeister Jurij Luschkow zuckte beim Thema Halbe mit keiner Wimper. Der kleine glatzköpfige Mann hat Macht und Geld und Moskau in eine Boomtown verwandelt, seine Frau verdiente dabei Millionen. Luschkow bedankte sich zwar für die Grüße von Klaus Wowereit, hörte Platzeck aber merklich gelangweilt zu, als der ihm von der Kooperation mit Berlin und den Hoffnungen auf eine Fusion berichtete. Weil der Moskauer Oberbürgermeister zum Gouverneur des Moskau umgebenden Gebiets nicht gerade die besten Kontakte pflegt, wollte er von der Beziehung zwischen Berlin und Brandenburg rein gar nichts wissen. Man sei doch einzig und allein hier, um über Geschäfte zu reden, wies er Platzeck zurecht. Der stutzte kurz, schwenkte völlig um und versicherte Luschkow, wie sehr er begrüßen würde, wenn Moskau demnächst die Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 gewänne. Das half. Luschkow lächelte, wurde sichtlich freundlicher und lud am Ende deutsche Firmen, die Erfahrungen mit Plattenbau-Sanierungen haben, herzlich ein, sich in Moskau zu engagieren. Die Ausschreibungen für 13 Millionen Quadratmeter Wohnfläche gingen demnächst raus.

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