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Brandenburg: "Eine große Koalition ist im Interesse Brandenburgs"

BERLINS EX-INNENSENATOR Jörg Schönbohm, 61, wird heute mit aller Wahrscheinlichkeit zum neuen Landesvorsitzenden der märkischen CDU gewählt - dem sechsten seit 1990.Vor einer Woche erregte der Kandidat Aufsehen mit seinem Personalkonzept für die Landespartei.

BERLINS EX-INNENSENATOR Jörg Schönbohm, 61, wird heute mit aller Wahrscheinlichkeit zum neuen Landesvorsitzenden der märkischen CDU gewählt - dem sechsten seit 1990.Vor einer Woche erregte der Kandidat Aufsehen mit seinem Personalkonzept für die Landespartei.Michael Mara und Thorsten Metzner sprachen mit Schönbohm darüber, wie er die absolute Mehrheit der SPD brechen und die märkische Union aus der Krise führen will.

TAGESSPIEGEL: Sie werden am Sonnabend voraussichtlich zum Landesvorsitzenden der märkischen Union gewählt - sehen Sie sich am Ziel Ihrer Wünsche?

SCHÖNBOHM: Nein, am Anfang.Die Arbeitfängt erst an.Am Ziel bin ich, wenn am 5.September, nach der ersten Hochrechnung um 18 Uhr, die absolute Mehrheit der SPD in Brandenburg gebrochen und die CDU zweitstärkste Partei im Landtag ist.

TAGESSPIEGEL: Ministerpräsident Stolpe behauptet, daß Sie ihn und die SPD von der Macht verdrängen wollen.Ist es Ihr Ziel, Ministerpräsident zu werden?

SCHÖNBOHM: Nein, weil es nicht realistisch ist.Ich möchte einen Beitrag leisten, daß die Sozialdemokraten ihre Macht nicht weiter unkontrolliert ausüben können: Die Selbstgefälligkeit der SPD, ihr laxer Umgang mit Affären können nur beendet werden, wenn es nach der Wahl eine Koalitionsregierung mit der CDU gibt.

TAGESSPIEGEL: Ist es nicht halbherzig, nur Juniorpartner werden zu wollen?

SCHÖNBOHM: Die CDU hat bei der letzten Wahl ein Ergebnis von 18,7 Prozent erzielt, Wir streben etwa 25 Prozent an, was bei der Ausgangslage ehrgeizig ist.Wir wollen die SPD zur Entscheidung zwingen, mit wem sie koaliert - mit der CDU oder der PDS.Ich erwarte, daß sich Stolpe dazu im Wahlkampf deutlich positioniert.

TAGESSPIEGEL: Sehen Sie die Gefahr, daß Stolpe und Hildebrandt nach der Landtagswahl eine Koalition mit der PDS eingehen könnten?

SCHÖNBOHM: Eindeutig ja.In Berlin wird es die SPD nicht tun, weil es die Partei zerreißen würde.Das ist in Brandenburg anders.Aus Machtkalkül würde die SPD auch mit der PDS koalieren.Wer glaubt, Stolpe würde das wegen seiner IM-Vorgeschichte nicht machen, irrt.Deshalb ist der Klärungsprozeß in der SPD so wichtig.

TAGESSPIEGEL: Stolpe warnt, daß CDU und PDS koalieren könnten?

SCHÖNBOHM: Das ist aberwitzig.

TAGESSPIEGEL: Heißt das auch, daß Sie jegliche Zusammenarbeit mit der PDS im Landtag ablehnen?

SCHÖNBOHM: Ich halte es grundsätzlich für ausgeschlossen, daß CDU und PDS gemeinsame Gesetzesvorlagen einbringen.

TAGESSPIEGEL: Halten Sie die PDS für eine demokratische Partei?

SCHÖNBOHM: Die PDS ist von knapp 20 Prozent der Wahlberechtigten gewählt.Damit ist die Partei demokratisch legitimiert.Aber es ist keine Partei, die das Grundgesetz verinnerlicht hat.

TAGESSPIEGEL: Sollte die PDS auch in Brandenburg vom Verfassungsschutz beobachtet werden?

SCHÖNBOHM: Ich kann die Brandenburger PDS noch nicht bewerten.In Berlin werden sieben Organsiationen in und bei der PDS beobachtet, was von der SPD übrigens mitgetragen wird.Aber ich bin mir sicher, daß die Stolpe-Regierung, selbst wenn sich die Notwendigkeit ergäbe, jeden Ermessensspielraum zugunsten der PDS ausnutzen würde.Ein Innenminister in Brandenburg, selbst wenn er von einer PDS-Beobachtung überzeugt wäre, könnte sich kaum durchsetzen.

TAGESSPIEGEL: Sie behaupten, daß die SPD in Brandenburg abgewirtschaftet hat.Konkret?

SCHÖNBOHM: Die Personaldecke der SPD ist ausgeknautscht.Die Nachfolger Zimmermanns und Platzecks im Kabinett haben nicht das Profil ihrer Vorgänger.Stolpe findet keinen Justiz- und Wirtschaftsminister.Auch die Skandale und Affären zeigen, daß die SPD dieses Land nicht allein regieren kann.In den berlinfernen Regionen wächst die Arbeitslosigkeit.Wenn Stolpe nach acht Jahren Amtszeit feststellt, daß das Schulsystem nicht den Anforderungen der Zukunft entspricht, ist das eine Bankrotterklärung.Wenn die Landesregierung trotzdem ständig erklärt, sie sei für Versäumnisse und Probleme nicht verantwortlich, muß man sie auch nicht wählen.

TAGESSPIEGEL: Wo könnte die CDU mehr Kompetenz einbringen?

SCHÖNBOHM: Wirtschaft, Arbeit, Innen, Bildung.

TAGESSPIEGEL: Und eine Große Koalition, die sich in Berlin eher als bremsend erwiesen hat, soll es besser machen?

SCHÖNBOHM: In Brandenburg ist die Lage anders: Hier muß die bremsende Alleinherrschaft der Staatspartei beendet werden.

TAGESSPIEGEL: Wie wollen Sie mit dem schwächsten CDU-Landesverband Deutschlands die Hochburg der ostdeutschen SPD knacken?

SCHÖNBOHM: Keine Querelen, Geschlossenheit, programmatische Alternativen.

TAGESSPIEGEL: Nun präsentieren sie aber eine eher blasse Führungsmannschaft.Landesweit bekannte Namen wie Eppelmann fehlen.

SCHÖNBOHM: Eppelmann wird weiter im Landesvorstand mitarbeiten.Entscheidend für das Erscheinungsbild der Partei wird die künftige Fraktion sein.Da wird es Veränderungen geben müssen.Wir brauchen mehr kompetente Köpfe.Auch eine Verjüngung ist nötig.

TAGESSPIEGEL: Hinter den Kulissen findet ein heftiges Tauziehen um Landtagsmandate statt.Könnte das ihr Ziel gefährden, Geschlossenheit zu demonstrieren?

SCHÖNBOHM: Ja.Die Landtagsmandate sind für viele Abgeordnete aller Parteien die Lebensgrundlage.Das ist in den alten Bundesländern anders, und das macht die Sache so schwierig.Deshalb wird es natürlich bei der Aufstellung der Landesliste Auseinandersetzungen geben, auch Kampfabstimmungen.Entscheidend wird sein, wie die Unterlegenen damit umgehen.

TAGESSPIEGEL: Sie gelten als Hardliner.Wie wollen Sie die stark auf Hildebrandt und Stolpe fixierten Brandenburger gewinnen?

SCHÖNBOHM: Was ist ein Hardliner? Ich habe in Berlin nur den Rechtsstaat durchsetzen helfen.Nach meiner Wahl werde ich durch das Land reisen, mit den Menschen reden, mir ihre Sorgen anhören.Dann werden die Brandenburger feststellen, daß das Original Schönbohm nicht dem Generalsklischee entspricht.

TAGESSPIEGEL: Hildebrandt und Stolpe werfen Ihnen vor, mit Ihrer Unterstützung für die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft den Rechtsextremismus in Brandenburg zu schüren.

SCHÖNBOHM: Das ist starker Tobak.Aber der Versuch, die Volkspartei CDU in die rechte Ecke zu schieben, wird nicht gelingen.Offenbar sucht Stolpe jetzt schon einen Sündenbock, wenn das Konzept "Tolerantes Brandenburg" nicht den gewünschten Erfolg bringt.

TAGESSPIEGEL: Dennoch: Haben Sie mit dieser Aktion nicht gerade in Brandenburg Skrupel, wo Ausländerfeindlichkeit weit verbreitet ist?

SCHÖNBOHM: Es geht nicht nur um Brandenburg, sondern um ganz Deutschland.Gegenüber den Rechtsradikalen werden wir uns eindeutig abgrenzen.Aber Sie haben recht: Die Ausländerfeindlichkeit ist hier besonders hoch.Deshalb muß klar gesagt werden, daß die Ursachen in der mangelhaften Wertevermittlung liegen.Wir kümmern uns zu wenig um die Jugend.

TAGESSPIEGEL: Wird die CDU unter Schönbohm nach rechts abdriften, um Wähler vom rechten Rand zu gewinnen?

SCHÖNBOHM: Nein.Aber wir werden bei der Inneren Sicherheit Alternativen schärfer herausarbeiten.Es geht um Rechtsstaat, nicht um einen Rechtsruck.

TAGESSPIEGEL: Sie wollen mitregieren, stehen Sie für ein Ministeramt unter Stolpe zur Verfügung?

SCHÖNBOHM: Die Frage stellt sich erst nach der Wahl.Vorstellbar ist es, obwohl ich glaube, daß es besser wäre, wenn ich Fraktion und Partei zusammenhalte.

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