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Brandenburg: „Eine Riesen-Sauerei“

CDU-Fraktion wendet sich von Generalsekretär Petke ab. Auch Parteichef Schönbohm jetzt in der Kritik

Potsdam - Die E-Mail-Affäre bringt CDU-Generalsekretär Sven Petke immer mehr in Bedrängnis. Der CDU-Kreisvorstand von Märkisch-Oderland forderte Petke gestern auf, sein Amt ruhen zu lassen. „Es war ein einstimmiger Beschluss“, sagte Justizministerin Beate Blechinger, die dort Kreischefin ist. Landtagsabgeordnete der Union rügten auf der gestrigen Fraktionssitzung den laxen Umgang Petkes mit persönlichen E-Mails von Ministern und anderen Personen. Fraktionschef Thomas Lunacek sprach nach Angaben von Teilnehmern von einer „Riesen-Sauerei“. Er habe in der Brandenburger CDU schon vieles erlebt, aber die jüngste Affäre übertreffe alles. Die Minister Beate Blechinger (Justiz) und Johanna Wanka (Kultur) bekräftigten erneut, nicht gewusst zu haben, dass an sie persönlich gerichtete elektronische Post in der Parteizentrale gelesen worden sei. Sie hätten keine Einwilligung gegeben.

Das Innenministerium bestätigte gestern auf Anfrage, dass E-Mails an Adressen nach dem Muster „vorname.nachname@xy-partei.de“ – also wie bei der CDU – bis zum Öffnen durch den jeweils bestimmten Empfänger dem Fernmeldegeheimnis unterlägen. Verstöße könnten mit einem Bußgeld geahndet oder als Straftat verfolgt werden. Nach Angaben des Innenministeriums ist auch eine „personalisierte Auswertung“ der Nutzung elektronischer Zeitungen nicht zulässig. Der Internet-Unternehmer Daniel Schoenland wirft Petke vor, ihn mit solchen Analysen beauftragt zu haben.

In der CDU-Fraktion wurde gefordert, dass Petke die politische Verantwortung für die Affäre übernehmen müsse. Eine Mehrheit der Abgeordneten (10 von 17 Anwesenden) soll dem Vernehmen nach für seine Suspendierung plädiert haben. Allerdings gab es keine Abstimmung. Abgeordnete erklärten zur Begründung, dass sich CDU-Landeschef Jörg Schönbohm weiter hinter Petke stelle. Schönbohm gerät deshalb nun selbst in die Kritik: Mehrere Landtagsabgeordnete äußerten ihr Unverständnis über Schönbohms „Nachsichtigkeit“, zumal er als Innenminister die Aufsicht über den Datenschutz habe. Petke wiederum trage nicht nur die Verantwortung für die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, er habe auch gelogen, als er behauptete, dass die von der Parteizentrale geübte Praxis in allen Landesverbänden üblich sei. Das Gegenteil sei der Fall. Schoenland kündigte gestern an, gegen die Behauptung Petkes, eine „kriminelle Firma“ zu betreiben, mit einer einstweiligen Verfügung vorzugehen.

Unterdessen leitete Vize-Parteichef Ulrich Junghanns gestern die von der CDU beschlossene interne Untersuchung der Vorgänge in der Landeszentrale ein. Er werde sie „unabhängig und ohne Ansehen der Person“ führen, sagte Junghanns. In die Untersuchungsgruppe wurden zwei technische Sachverständige der Datenschutzbeauftragten und ein CDU-Kreisgeschäftsführer berufen.

Michael Mara

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