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Brandenburg: Elefantenrunde im Genlabor

Mit zwei Ministern im Schlepptau besuchte Ministerpräsident Platzeck mehrere Biotechnologie-Unternehmen

Potsdam. Der Ministerpräsident zuckt ein wenig zusammen: Dass jemand ihn öffentlich als „Landesfürst“ anredet, wie soeben Lutz Müller-Kurth, Geschäftsführer der Potsdamer Firma Analyticon, scheint Matthias Platzeck (SPD) noch nicht oft passiert zu sein. Aber Müller-Kurth ist wirklich dankbar für die politische Rückendeckung – ebenso wie die Vertreter der anderen Institute und Firmen, die Platzeck an diesem Montag im Tross mit Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (beide CDU) besucht. An diesem Montag bekommt die Politprominenz zu hören, mit welchen Vorbehalten die junge Branche kämpft: Es geht um Biotechnologie – ein heikles Terrain. Platzeck, der frühere grüne Umweltminister, rührt jetzt die Werbetrommel für Gentechnik? Ein bisschen schon: Es ist eine dieser Pressefahrten durchs „moderne Brandenburg“, die der Regierungschef neuerdings veranstalten lässt, um märkische Spitzenfirmen ins Rampenlicht zu rücken. Es sind auch, daraus macht man in der Staatskanzlei kein Hehl, PR-Touren aus Sorge um das Image des Landes, das zu oft durch Pleiten à la Cargolifter, die Zitterpartie um die Chipfabrik oder Hiobsbotschaften von drohender Verelendung von sich reden mache.

Stippvisite im Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie auf dem Campus Potsdam-Golm, wo in rötliches Licht getauchte Gewächshäuser ein surreales Bild bieten: Die Wissenschaftler versuchen hier zu entschlüsseln, welches der 26 000 pflanzlichen Gene für welche Eigenschaften zuständig ist. Ziel: Die Erbstruktur zu verändern oder mit dem neuen Wissen die herkömmliche Pflanzenzucht so zu qualifizieren, dass leistungsfähigere Pflanzen entstehen. „In der Bevölkerung Europas gibt es da noch eine Debatte um die Akzeptanz“, sagt Geschäftsführer Mark Stitt. „In anderen Teilen der Welt ist das längst durch.“ In Deutschland gab es im Vorjahr elf Anträge auf Freilandversuche, nur zwei wurden genehmigt. In Platzeck findet Stitt einen aufgeschlossenen Zuhörer, auch wenn der Regierungschef eine gewisse Skepsis nicht verhehlt: „Es muss nicht alles erlaubt sein, was möglich ist.“ Doch er plädiert klar dafür, sich den „Realitäten“ stellen, zumal die Ernährung der Weltbevölkerung eine große Herausforderung sei. „Ich bin für eine gründliche Diskussion“, sagt Platzeck. Es geht um eine der wenigen Wachstumsbranchen, auch für das gebeutelte Brandenburg: Allein zehn Firmen mit insgesamt 195 Beschäftigten sind in den letzten Jahren aus den diversen Golmer Forschungsinstituten gegründet worden.

Die Firma Analyticon mit heute 60 Mitarbeitern mit Sitz in Potsdam-Hermannswerder ist eine davon: Sie zerlegt, wie Geschäftsführer Müller-Kurth erklärt, Pflanzen mit dem weltweit schnellsten Analyseverfahren in ihre diversen, bislang oft unbekannten Reinstsubstanzen – kostbare Informationen für die Pharmaindustrie. Die Botschaft Platzecks: „Berlin und Brandenburg sind die führende deutsche Biotechnologie-Region.“ Und so solle es auch bleiben.

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