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Brandenburg: Eltern-Kind-Zentren als Hilfe für Familien in Not

An 15 Kitas und Horten im Land werden Beratungsstellen eingerichtet

Potsdam - Brandenburg will nach finnischem Vorbild ein Beratungsnetz für Familien aufbauen. Was bereits seit dem Besuch von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in dem skandinavischem Land im Jahr 2004 im Gespräch ist, wird jetzt konkret: Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) übergibt zurzeit an 15 Kindertagesstätten und Horteinrichtungen im Land Förderbescheide für den Aufbau von „Eltern-Kind-Zentren“. Von 2006 bis 2008 stehen dafür jährlich 400 000 Euro bereit, sagte er am Dienstag in Potsdam – um sofort zuzugeben: „Wir sind damit erst am Anfang. Die Finnen sind uns Jahre voraus.“

An den Eltern-Kind-Zentren soll es nach Rupprechts Worten zum Beispiel regelmäßige „Elternsprechstunden“, Beratungen durch Jugend- und Sozialämter sowie durch Kinderärzte, Kurse für Eltern oder Kleidungs- und Spielzeugtauschbörsen geben. Beworben hatten sich 39 Einrichtungen aus Brandenburg. Zuschläge gingen unter anderem nach Brück, Eberswalde, Eisenhüttenstadt, Falkensee, Cottbus und Potsdam. In Guben soll eine überregionale Beratungsstelle entstehen.

Wie Rupprecht erläuterte, sind die Eltern-Kind-Zentren vor allem auf Familien aus „bildungsfernen Schichten“ und schwierigen sozialen oder persönlichen Verhältnissen ausgerichtet. Davon gibt es auch in Brandenburg immer mehr. So zeigen Erhebungen aus der Uckermark, dass dort mittlerweile jedes dritte Schulkind aus Familien kommt, die von Hartz IV leben. „Wir wollen mit den Angeboten Eltern erreichen, die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, die bisher ihre Kinder einfach in den Kitas und Horten abgeben und sich nicht weiter kümmern“, sagte der Minister. Man hofft dabei auch auf einen Nebeneffekt: So soll früher aufgedeckt und eingegriffen werden können, wenn Kinder vernachlässigt oder misshandelt werden. Die Zentren sind so auch eine Reaktion auf die spektakulären Fälle des toten Dennis aus Cottbus, der verhungerten Kinder aus Frankfurt (Oder) und des schwer misshandelten Pascal aus Strausberg. So sollen die Beratungszentren ausdrücklich auch für Eltern offen stehen, die ihre Kinder bislang nicht in Kitas betreuen lassen können, weil sie zum Beispiel arbeitslos sind. In diesem Zusammenhang äußerte sich Bildungsminister Rupprecht skeptisch, dass Brandenburg kurzfristig wie Berlin ein beitragsfreies letztes Kita-Jahr anbieten kann, das rund 10 Millionen Euro jährlich kosten würde. „Langfristiges Ziel sollte aber sogar eine beitragsfreie Kita bis zum sechsten Lebensjahr sein“, sagte Rupprecht.

Nach Angaben des Bildungsministeriums handelt es sich bei der Förderung der 15 Eltern-Kind-Zentren an Kitas um eine Anschubfinanzierung – in der Hoffnung, dass andere Kindereinrichtungen den Anregungen folgen. Sie sollen auch keine Konkurrenz zu den vom Arbeits- und Sozialministerium des Landes parallel geförderten Familienzentren sein, die an Kliniken angesiedelt und auf die Beratung von Schwangeren und Müttern von Kleinstkindern ausgerichtet sind.

Das erste dieser Zentren nach dem Vorbild des finnischen „Neuvola“-Systems war im Juni in Lauchhammer am Klinikum Niederlausitz gestartet worden, ein zweites soll folgen. Das Arbeits- und Sozialministerium stellt dafür insgesamt rund 380 000 Euro bereit. Beide Ministerien betonen, dass beide Beratungsangebote für Eltern eng miteinander verzahnt werden sollen. Völlig offen ist angesichts der Haushaltslage aber, ob und wann es Familienberatungszentren im ganzen Land geben wird, sei es an Kitas oder Kliniken.

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