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Brandenburg: Empörung nach Richterspruch

Keine Sicherheitsverwahrung für Vergewaltiger trotz hohen Rückfallrisikos Staatsanwaltschaft prüft Revision gegen umstrittenes Urteil

Potsdam – Mit Unverständnis ist in Brandenburg gestern ein Urteil des Landgerichtes Frankfurt (Oder) aufgenommen worden: Es hatte den Doppelvergewaltiger Michael B. am Dienstag freigelassen, obwohl man ihm ein hohes Rückfallrisiko bescheinigt. Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Frankfurt Revision beim Bundesgerichtshof, was dem Vernehmen nach auch die Generalsstaatsanwaltschaft befürworten würde.

„Die Entscheidung des Richters ist nicht nachvollziehbar“, sagte denn auch der CDU-Generalsekretär und Abgeordnete Sven Petke, der Vorsitzender des Rechtsausschusses ist. Petke zog eine Parallele zum Fall des am Sonnabend getöteten siebenjährigen Christian aus Zehlendorf: Gegen den geständigen 16-jährigen Täter war von einem Berliner Gericht kürzlich ein Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung ausgesetzt worden. „Ich wünsche mir, dass sich Richter über Konsequenzen ihrer Entscheidungen stärker bewusst werden“, so Petke.

Richter müssten wissen, „ob sie solche Urteile mit ihrem Gewissen vereinbaren können“, meint auch Christoph Schulze, Geschäftsführer der SPD-Fraktion. „Wenn etwas passiert, wird man fragen müssen, wer die Verantwortung trägt.“

Für die Staatsanwälte gilt Michael B., der 1999 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt wurde, als „tickende Zeitbombe.“ Da es massive Zweifel an seiner Läuterung gibt, war B. nicht vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Stattdessen wurde eine „nachträgliche Sicherheitsverwahrung“ beantragt.

Die Staatsanwaltschaft stützte sich auf zwei Gutachter, Aussagen von Gefängnispsychologen und Sozialarbeitern, die dem Mann fehlende Reue und ein hohes Rückfallrisiko bescheinigten. Dass das Gericht all dies als „nicht ausreichend“ ansah, hält Andreas Schuster, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, für „äußerst problematisch.“ Der SPD-Rechtsexperte und Abgeordnete Ralf Holzschuher mahnte: „Der Schutz der Allgemeinheit muss Vorrang vor dem Interesse von Tätern haben.“

Justizministerin Beate Blechinger (CDU) verteidigte das Gericht. Wenn es solche Urteile gebe, „sind nicht die Richter schuld, sondern die Gesetze, nach denen sie urteilen“. Sie erinnerte daran, dass die Unionsländer an Rot-Grün gescheitert seien, als sie die Hürden für die nachträgliche Sicherheitsverwahrung lockern wollten. „Nach der Bundestagswahl stehen solche rechtspolitischen Fragen wieder auf der Tagesordnung.“

Vor überstürzten Gesetzesänderungen „aus Affekthascherei“ warnte der Abgeordnete Stefan Sarrach von der „Linken“, ehemals PDS. Doch auch Sarrach hat „Fragezeichen“. Das Urteil müsse fachlich diskutiert werden. „Es bliebe mehr als ein fader Beigeschmack, wenn die Gutachter Recht behalten sollten.“ Zum Schutz der Allgemeinheit, so Sarrach, brauche B. „einen Bewährungshelfer“.

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