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Brandenburg: Ende der Kleinstaaterei

Claus-Dieter Steyer

Kleine Revolutionen verkündet in Brandenburg der Regierungschef noch selbst. Schließlich ließ es sich Matthias Platzeck nicht nehmen, höchstpersönlich die neue Tourismuskonzeption zu verkünden und damit als erster märkischer Ministerpräsident überhaupt vor die Presse auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin zu treten.

Der Rahmen war angemessen, läutete er doch das längst überfällige Ende der Kleinstaaterei ein. Selbst Berlinern fällt es oft nicht leicht, sich in der Vielzahl der Brandenburger Regionen zurecht zu finden. Namen wie Ruppiner Land, Barnim oder Oder-Spree-Seengebiet sind schon für sie oft ein Buch mit sieben Siegeln. Außerhalb der Region sieht es noch finsterer aus, wo höchstens noch Potsdam und der Spreewald beim Stichwort Brandenburg genannt werden. Daher wurde es höchste Zeit, die wahren Stärken Brandenburgs zu vermarkten: Kultur, Natur und Wasser. Reisebüros registrieren schon länger einen veränderten Trend: Bei der Wahl des Ausflugs- oder Urlaubszieles spielt die konkrete Region mit Ausnahme der reinen Städtereisen nicht mehr die entscheidende Rolle. Die Menschen überlegen zuerst, was sie in der freien Zeit anfangen wollen und suchen sich danach das konkrete Ziel dafür aus. Da kann Brandenburg wirklich mit den drei genannten Schwergewichten punkten.

Für viele Millionen Euro sind in den vergangenen 15 Jahren Schlösser und Herrenhäuser zu wahren Perlen herausgeputzt worden. Es macht wieder Lust, durch kleine Orte mit historischen Stadtkernen zu bummeln. Außerdem erfährt das Land hohe Anerkennung bei Radfahrern, die inzwischen auf mehr als 4000 Kilometer langen Wegen rollen können. Die gute Qualität des fast 200 Kilometer langen Fläming-Skates hat sich bis nach Übersee herumgesprochen, trainiert doch derzeit hier die kanadische Skater-Nationalmannschaft. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es außerdem so viele Angebote für Wassertouristen, ganz gleich, ob sie nun mit dem Hausboot, dem Surfbrett, dem Segelboot oder dem Kanu auf Tour gehen. Die vielen Thermal- und Erlebnisbäder locken Besucher heute trotz mancher Mängel in Regionen, die vorher nie auf „Fremdenverkehr“ eingestellt waren.

Jetzt müssen sich nur noch die Tourismusleute vor Ort dem hohen Niveau der Infrastruktur anpassen. Freundlichkeit, Kompetenz, Schnelligkeit gehören leider noch nicht überall zum Standard. Auch die Idee, Tagesausflügler und Urlauber von Ein-Euro-Jobbern betreuen zu lassen, ist absurd. Der Gast spürt meistens sehr schnell diese Notlösung, ärgert sich über mangelhaften Service und kommt nie wieder. Solche Beispiele gefährden die gute Arbeit der vor acht Jahren gegründeten zentralen Brandenburger Marketinggesellschaft. Denn sie macht dank der neuen Konzeption jetzt bestimmt noch viel mehr Touristen auf Brandenburg aufmerksam. Die kleinen Fürstentümer, wie die zwölf Reiseregionen auch bezeichnet werden können, sollten sich nun auf ihre Arbeit vor Ort konzentrieren. Kultur, Natur und Wasser besitzen schließlich alle zur Genüge.

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