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Enquete-Kommission zur SED-Diktatur: Umgang mit SED-Opfern kritisiert

In Brandenburgs Enquete-Kommission zur SED-Diktatur berichten Betroffene über ihre Erfahrungen. Sie kritisieren, dass politisch Verfolgte einen würdigen Umgang bislang vermissten.

Potsdam - Die leisen, bitteren Sätze verfehlten ihre Wirkung nicht. In Brandenburgs Enquete-Kommission zur SED-Diktatur traten am Freitag zwei Frauen auf, die beide einst im Potsdamer Stasi-Gefängnis inhaftiert waren, das den sarkastischen Beinamen „Lindenhotel“ trug. Birgit Willschütz und Sybille Schönemann schilderten, wie das Trauma immer noch nachwirkt, wie politisch Verfolgte gerade in Brandenburg einen würdigen Umgang bislang vermissten.

„Ich habe heute noch ein ungutes Gefühl, wenn ich nach Potsdam komme“, sagte Willschütz, die nach der Ablehnung ihres Entschädigungsantrages auf einen Widerspruch verzichtete. „Ich habe keine Kraft, hier etwas durchzuziehen.“ Für die frühere DEFA-Regisseurin Schönemann war die Zeit im Stasi-Knast die schlimmste ihres Lebens. Erst vor fünf Jahren zog sie, nach 20 Jahren in Hamburg, zurück in ihre Heimatstadt. „Es ist ein schwerer Weg, wieder hier zu sein.“ Da kam vom Arzt, der sie als Voraussetzung für eine Entschädigung begutachtete, gleich zu Beginn der Spruch. „Na ja, an Scheinerschießungen haben sie ja nicht teilgenommen.“ Spätere Diagnose: Kein Hafttrauma. Da seien am „Lindenhotel“ die Gitter abgeschraubt worden, überhaupt gebe es in der Stadt kaum Hinweise auf die Gedenkstätte.

Beide Auftritte gaben der Sitzung zusätzliche Brisanz, auf der es um die Rolle von Zeitzeugen zu heftigen Auseinandersetzungen kam. Auslöser war der Potsdamer Historiker Jürgen Angelow, der in seinem Gutachten zur „Würdigung von Opposition und Widerstand“ gegen Führungen durch „ungeschulte“ Zeitzeugen plädierte, konkret die Berliner Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen kritisierte. „Das ist ungeheuerlich“, sagte Jörg Kürschner, Enquete-Mitglied und Vorsitzender des Fördervereins. „Sie lassen den Vorhang runter: Sie wollen Zeitzeugen unter Kuratel systemgeneigter Wissenschaft stellen.“ Gabriele Schnell, die Koordinatorin der Gedenkstätte „Lindenhotel“, erinnerte daran, dass diese immer noch ein „missachteter“ Ort der Erinnerung sei, ohne eigenes Personal, getragen allein durch das Ehrenamt. Sie verwies auf den „Roten Ochsen“, das berüchtigte frühere Gefängnis in Halle, das heute ein Museum mit sieben Mitarbeitern ist: „Es geht auch anders.“ Thorsten Metzner

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