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Ernst-Thälmann-Siedlung: Nach der Flut kam der Aufschwung

Vor zehn Jahren versank die Ziltendorfer Niederung im Oderhochwasser. Heute ist sie schöner denn je.

Zum zehnten Jahrestag der Oderflut zeigte sich der Fluss gestern ganz zahm. Gerade 160 Kubikmeter Wasser flossen pro Sekunde an den beiden Stellen in der Ziltendorfer Niederung in Ost-Brandenburg vorbei, wo im Juli 1997 der Deich brach. „Damals hatten wir es mit einem Schwall von 3600 bis 4000 Kubikmetern pro Sekunde zu tun“, erinnerte sich der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude, gestern. „Ein Deichbeobachter rief damals immer nur ,Die Bäume kommen, die Bäume!’ in das Telefon, das ihn mit uns im Krisenstab in Potsdam verband.“ Der ganze Deich mit allen Bäumen und Büschen sei bei Brieskow-Finkenheerd durch die Wucht des Wassers auf 115 Meter Länge fast 30 Meter tief ins Landesinnere gedrückt worden. Einen Tag später gab es bei Aurith einen zweiten Deichbruch, wodurch die gesamte 4000 Hektar große Ziltendorfer Niederung vollständig überschwemmt wurde. Rund 300 Häuser, Betriebsstätten, Ställe und andere Gebäude versanken in einer schmutzigen Brühe.

Heute dagegen zeigt sich das Gebiet schöner als je zuvor. „Es sucht vielleicht in ganz Brandenburg seinesgleichen“, sagte der zuständige Amtsdirektor Georg Pachtner gestern. Fast alle damals beschädigten Häuser seien saniert oder gleich durch einen Neubau ersetzt worden. „Genau 5,3 Millionen Euro Schaden haben wir durch die Oderflut erlitten“, erinnnerte sich der Chef der in der damals überfluteten Ernst- Thälmann-Siedlung ansässigen Bauerngesellschaft, Werner Reinke. „80 Prozent der Summe erhielten wir durch Spenden ersetzt.“ Auch der Tagesspiegel hatte damals zur finanziellen Hilfe zum Wiederaufbau der Siedlung aufgerufen – und viele Leser halfen. „Dank der großen Spendenbereitschaft und mit viel Mühe haben wir unsere Existenz gerettet“, sagte Reinke. „Das wollen wir nicht wieder hergeben.“

Aber nicht alle Bewohner der Niederung sind wie er geblieben. Es habe einen großen „Bevölkerungswechsel“ gegeben, sagte Amtsdirektor Pachtner. Die älteren Einwohner hätten mehrheitlich ihre Heimat verlassen und dank der Spendengelder anderswo ein neues Zuhause gefunden. Die Grundstücke in der landschaftlich reizvollen Gegend seien von jungen Leuten übernommen worden. „Die sind meistens erst durch die Berichte 1997 auf die Niederung aufmerksam geworden“, berichtete der Amtsdirektor.

In der Ernst-Thälmann-Siedlung gab es zum gestrigen Jahrestag ein Fest. An ihm nahm auch Ministerpräsident Matthias Platzeck teil, der an die Solidarität von damals erinnerte. „Wir brauchen diesen Geist des Miteinanders und Füreinanders auch heute“, sagte er.

Viele ältere Einwohner der Siedlung haben das große Leid und die unwiederbringlichen Verluste durch die Flut wie auch die entbehrungsreiche Aufbauarbeit noch lebendig vor Augen,. „Ich konnte damals nur retten, was ich anhatte“, sagte der 73-jährige Werner Bode, der 1997 zur Einsatzleitung der Feuerwehr gehörte. Heute stehen in seiner Wohnung noch immer von fremden Leuten gespendete Möbel, die für ihn zugleich Mahnung an die Unberechenbarkeit des Flusses und Erinnerung an die große Solidarität sind. „Die bleiben“, haben er und seine Frau Irene daher entschieden.

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