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Brandenburg: Es bleibt dabei: 15 Jahre Haft

Die Mutter der neun getöteten Babys war nicht vermindert schuldfähig, urteilte das Gericht

Von Sandra Dassler

Frankfurt (Oder) – Es bleibt dabei: Die Mutter der neun getöteten Babys von Brieskow-Finkenheerd muss für 15 Jahre ins Gefängnis. Mit diesem Schuldspruch endete gestern der Revisionsprozess gegen die 42-jährige Sabine H.

Die 13-fache Mutter war im Juni 2006 wegen achtfachen Totschlags durch Unterlassen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war. Die Tötung eines Neugeborenen im Jahr 1988 war bereits verjährt. Die Richter gingen damals davon aus, dass Sabine H. die Babys zwischen 1992 und 1998 „sterben ließ“, weil ihr Mann keine weiteren Kinder wollte.

Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil am 27. März 2007 teilweise aufgehoben, weil er meinte, dass die Frankfurter Richter nicht ausreichend geprüft hätten, ob Sabine H. vermindert schuldfähig war. Die 42-Jährige war daraufhin für den gestern zu Ende gegangenen Revisionsprozess ein zweites Mal psychiatrisch begutachtet worden. Es ging dabei nur um die Höhe der Strafe, nicht um den Schuldspruch an sich, der rechtskräftig ist. Doch der neue Gutachter kam zu keinem anderen Ergebnis wie sein Vorgänger: Sabine H. sei voll schuldfähig, führte er aus.

Das Gericht folgte gestern dieser Einschätzung. Sabine H. leide nicht an einer krassen Persönlichkeitsstörung, begründete dies die Richterin. Die jahrelange Alkoholabhängigkeit habe nicht dazu geführt, dass sie ihre lebenden Kinder vernachlässigte. Zudem könne sie sich während der Taten nicht im Vollrausch befunden haben, weil sie nicht nur die Geburten bewältigte, sondern auch deren Spuren sowie die Leichen beseitigt habe.

Der Verteidiger von Sabine H., Matthias Schöneburg, hatte in seinem Abschlussplädoyer zuvor beide Gutachter scharf kritisiert. Diese seien den vom Bundesgerichtshof gesehenen Hinweisen auf eine verminderte Schuldfähigkeit nicht tiefgründig genug nachgegangen. So lasse das Verhalten seiner Mandantin nach den Taten sehr wohl auf eine „schwere Persönlichkeitsstörung“ schließen.

Sabine H. hatte die neun zwischen 1988 und 1998 getöteten Babys in Blumenkästen und anderen Pflanzbehältern auf ihrem Balkon begraben, um sie „immer um sich zu haben“. Sie hatte auch ausgesagt, dass sie gern auf dem Balkon saß und sich vorstellte, wie die Kinder jetzt miteinander spielen oder auf ihrem Schoß sitzen würden, wenn sie noch lebten.

Die beiden Gutachten hätten auch die Alkoholabhängigkeit seiner Mandantin nicht genügend berücksichtigt, kritisierte der Verteidiger und erinnerte an Zeugenaussagen, wonach Sabine H. manchmal bis zu drei Flaschen Klaren am Tag trank. Für ihn stehe fest, dass seine Mandantin zumindest bei sieben der acht verurteilten Taten vermindert schuldfähig war. Er beantragte daher eine Gesamtfreiheitsstrafe unter zehn Jahren.

Staatsanwältin Anette Bargenda sah das anders. Für sie hat die Angeklagte „durchdacht und zielgerichtet wehrlose Kinder getötet“, wobei sie „im Gebären und anschließendem Töten bereits Routine entwickelte“. Deshalb gäbe es keine Gründe, weniger als 15 Jahre Haft zu beantragen, sagte die Staatsanwältin.

Bargenda sah auch keinen Hinweis darauf, dass der ehemalige Ehemann Oliver H. von den Schwangerschaften und der Tötung der Kinder gewusst oder sogar daran mitgewirkt habe. Verteidiger Schöneburg meinte hingegen, es sei unerträglich, dass der Ehemann nicht mit auf der Anklagebank sitze, denn „dass ein durchschnittlich normaler Mensch von neun Schwangerschaften seiner Frau nichts mitbekomme, glaubt doch keiner“.

Sabine H. verfolgte den gestrigen letzten Verhandlungstag sehr gefasst. Die zierliche Frau verzichtete darauf, vor dem Urteil noch ein persönliches Wort zu sagen. Ihr Anwalt kündigte sofort danach an, er werde in Revision gehen.

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