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Brandenburg: Es gilt das gebrochene Wort

Wie das Kabinett einen Landtagsbeschluss aushebelt

Potsdam - Der Landtag protestiert, ebenso der Städte- und Gemeindebund – aber die Landesregierung hält an ihrer Absicht fest, eine Gesetzesvorschrift per Kabinettsbeschluss zu ändern. Bis gestern waren 641 von 2628 Brandenburger Rechtsvorschriften noch nicht elektronisch erfasst. Dies hätte aber bereits bis zum 31. Dezember 2004 geschehen sollen. Alle bis dahin nicht im Computer gespeicherten Vorschriften „sollen“ laut Gesetz „ihre Geltung verlieren.“ Die Kabinett aber will heute wie berichtet eine Vorlage von Justizministerin Beate Blechinger (CDU) beschließen, die Frist nachträglich auf den 31. März 2005 zu verlängern.

„Ein Stück aus dem Tollhaus“ nennt das Karl-Ludwig Böttcher, der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds. Die Regierung dürfe den Willen des Gesetzgebers „nicht missachten“. Die jetzt nicht erfassten Rechtsvorschriften seien ungültig, sagt Böttcher. „Was man nicht ernst nimmt, braucht man auch nicht.“

Parlamentspräsident Gunter Fritsch (SPD) fordert von der Landesregierung Aufklärung: „Das ist offensichtlich verschlampt worden.“ Dass „das Kabinett eine vom Landtag gesetzte Frist verlängert, geht nicht“ protestiert Fritsch. Das Justzministerium argumentiert so: Im Gesetz sei lediglich formuliert, dass sie ihre Geltung verlieren „sollen“ – was keinen Automatismus bedeute. Hingegen sagt Fritsch: „Im Verwaltungsrecht bedeutet ,sollen‘ eigentlich ,müssen‘.“

Auch für PDS-Vizefraktionschef Heinz Vietze ist „die versuchte Schadensbegrenzung auf dem kleinen Dienstweg ohne Parlament“ nicht akzeptabel. Seit Juli 2003 sei für die Erfassung sei genügend Zeit gewesen. Aber „das ist die typische Arbeitsweise dieser Regierung“.

Doch eine Möglichkeit, ihre Position durchzusetzen, sehen die Landtags-Politiker offenbar nicht. Immerhin sind sie sich in einem mit der Regierung einig: Alle Rechtsvorschriften, die nicht bis 31. März 2005 elektronisch erfasst sind, verfallen endgültig.

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