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Brandenburg: „Feldherr in der Schlangengrube“

Ulrich Junghanns und Sven Petke beschwören den Ausgleich – doch in der CDU gärt es weiter

Frankfurt (Oder) – Der neue Brandenburger CDU-Landesvorsitzende Ulrich Junghanns setzt auf Kompromissbereitschaft und Vernunft aller Beteiligten, um einen permanenten Machtkampf in der Führung der Landespartei abzuwenden. „Jetzt ist die Stunde der Bewährung für alle“, sagte Junghanns am Sonntag. Niemand könne ein Interesse daran haben, dass die Querelen in der CDU weitergingen. Er werde kurzfristig den geschäftsführenden Landesvorstand einberufen. Ex-Generalsekretär Sven Petke, der gegen Junghanns unterlag, aber im neuen Landesvorstand eine eindeutige Mehrheit hat, sicherte Junghanns am Wochenende Loyalität zu. Es gebe eine Erwartung der Parteibasis, dass sich alle zusammenraufen, so Petke.

Trotzdem sorgen die neuen Machtverhältnisse innerhalb der CDU für Unruhe und Zündstoff. Denn nur drei von 18 Beisitzern des Vorstandes, der zwischen den Parteitagen die 6700 Mitglieder starke Partei führt, gelten als klare Unterstützer des Wirtschaftsministers. Das sind Justizministerin Beate Blechinger, die Landtagsabgeordnete Roswitha Schier und der Bürgermeister der Stadt Rathenow Ronald Seeger. „Er ist ein Feldherr ohne Offiziere, er sitzt in einer Schlangengrube“, sagte der Landtagsabgeordnete Dieter Helm, der zugleich Chef der Seniorenunion ist. Helm gehört zu „Petke-Kritikern“ wie Ex-Landeschefin Carola Hartfelder oder der Potsdamer Kreischef Wieland Niekisch, die bei der Neuwahl der Parteiführung abgestraft wurden. Die Folge: Die Seniorenunion der Partei, deren Mitglieder ein Durchschnittsalter von 53 Jahren haben, ist nicht mehr im Vorstand vertreten.

Helm, der die Grabenkämpfe der CDU in jener Zeit hautnah erlebt hat, bevor 1999 Jörg Schönbohm kam, sagt jetzt: „Ich hätte nicht gedacht, dass es eine Steigerung der damaligen Intrigen gibt. Es gibt sie.“ Ihm sei ein Rätsel, wie Junghanns mit diesem Vorstand arbeiten soll, wie er einen akzeptablen Interims–Generalsekretär durchbekommen will, nachdem sein Kandidat Dierk Homeyer gescheitert war. Besorgniserregend sei, wie „Hass und Häme“ in der CDU regierten, so Helm. „Das ist einer christlichen Partei nicht würdig.“ Wenn die Union so weitermache werde sie „ein geschlossener Verein, den niemand wählt“. Er befürchte, dass Junghanns beschädigt werde.

Homeyer machte für die Situation den ehemaligen Landeschef Jörg Schönbohm verantwortlich, der trotz diverser Kapriolen Petke jahrelang „gehätschelt“ habe. Auch er prophezeite, dass Petke und seine Anhänger eine „Abnutzungsstrategie“ gegen den neuen Vorsitzenden fahren werde.

Dem wurde aus dem „Petke-Lager“ scharf widersprochen. Die neue Zusammensetzung des Vorstandes sei auch „eine Chance“, weil der Vorsitzende nicht nach Basta-Art wie Schönbohm regieren könne. „Das zwingt zur Integration“, sagt etwa der Havelland- Kreischef Dieter Dombrowski. Und Ex- Justizministerin Barbara Richstein, die zur Vizeparteichefin gewählt wurde, sagte: Es sei seine Führungsaufgabe, wie Junghanns „jetzt das Zusammenspiel organisiert.“

Angesichts der Querelen wenden sich manche enttäuscht ab. „Die Situation an der Führung, das Klima, die Lager – das alles ist so unbefriedigend“, sagte Dietlind Tiemann, Oberbürgermeisterin und CDU-Kreischefin in Brandenburg. Tiemann hatte sich als Vize-Landeschefin beworben, scheiterte und kandidierte danach nicht mehr als Beisitzerin. Sie werde sich jetzt auf ihren Kreisverband und die Stadt konzentrieren. Tiemann ist ein Beispiel dafür, dass gemäßigte Politiker Opfer des Machtkampfes werden. Sie hatte im Vorfeld zwar offen für eine Wahl von Petke plädiert, weil sie sich davon mehr Schwung und eine inhaltliche Erneuerung der CDU versprach. Doch zugleich hatte die auf Ausgleich bedachte Kommunalpolitikerin erklärt, auch bei einer Wahl von Junghanns anzutreten – was offenbar am Ende beide Lager übel nahmen. Die Folge: In der engeren CDU-Spitze ist damit ein Jahr vor der Kommunalwahl 2008 kein hauptamtlicher Kommunalpolitiker vertreten.

Einen treffenden Kommentar zur Brandenburger CDU nach den Frankfurter Eruptionen lieferte Stefan Goericke, der als früherer Sprecher die Partei bestens kennt: „Das ist ein Waterloo. Und zwar für alle.“ Sarkastisch fügte er hinzu: „Es gibt jetzt die große Geschlossenheit, die vorher alle beschworen haben.“

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