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Brandenburg: Früher rein, schneller lernen, schlauer raus

"Ihr könnt zu schlecht lesen, vor allem ihr Jungs. Das ist das wichtigste Ergebnis der Pisa-Studie", sagt Steffen Reiche vorwurfsvoll.

"Ihr könnt zu schlecht lesen, vor allem ihr Jungs. Das ist das wichtigste Ergebnis der Pisa-Studie", sagt Steffen Reiche vorwurfsvoll. Kein Widerspruch unter den rund 30 Schülern aus 7. und 8. Klassen im Raum, bevor der SPD-Bildungsminister den "Pisa-Schock" zum allgemeinen Trost familiär veranschaulicht: Seine Tochter habe für die Lektüre von "763 Seiten Harry Potter von August bis November" gebraucht. "Ganz schön lange", murmelt ein Mädchen."

Das gibt der Generation Trost, sie geht zur Verteidigung über. Das mit dem Lesen sei kein Wunder, man müsse sich zu zweit ein Lehrbuch teilen, heißt es. Oder, dass die Versäumnisse in der Grundschule lägen. Reiche widerspricht, wirbt eindringlich, "viel zu lesen, möglichst laut vorzulesen". Und irgendwann, er hat sich in Schwung geredet, empfiehlt er ein besonderes Vergnügen, das allerdings nicht gegen Leseschwäche hilft: Hörbücher. "Auf dem Weg in den Urlaub, Potter rein und perfekt."

Der Bildungsminister ist ganz in seinem Element bei dieser Visite in der Potsdamer Wilhelm-von-Steuben-Gesamtschule. Und er sprüht vor Ideen, was nach Pisa alles getan werden müsse. "Katastrophal" sei es, dass viele erst mit sieben Jahren und nicht früher eingeschult werden. Ändern! Sitzenbleiber? Müssen nicht sein! "Vielleicht schaffen wir eine Sommerschule für versetzungsgefährdete Kinder." Die SteubenSchule ist eine von acht Ganztagsschulen in Potsdam, von 86 im Land, eben jener Schultyp, den der Bildungsminister jetzt fördern will, so dass dort bis 2005 jeder zweite Schüler der Sekundarstufe Eins unterrichtet wird. Bislang jeder fünfte.

Spricht der Erfolg der Steuben-Schule nicht für sich? Dieser schmucke Neubau, mit Computerkabinett, alles Pentium-Rechner und im Chemieunterricht dürfen die Schüler "Kosmetik und Lippenstifte" herstellen. Hier die Töpfer-Werkstatt, da ein Musikraum, dort die Küche, in der Lasagne brutzelt. Keine Paukanstalt. Der Unterrichtstag geht hier zwar länger als an gewöhnlichen Schulen, wird dafür aber unterbrochen, zum Beispiel für das "Mittagsband", in dem die Schüler sich mit Keramik, Zeichnen, Musik beschäftigen oder einfach entspannen können. Es gibt ein Dutzend Arbeitsgemeinschaften, "Arbeitsstunden" in kleinen Gruppen, in denen mal Gedächtnistraining, mal die freie Rede geübt wird, mal bei den Hausaufgaben geholfen wird.

"Wir versuchen alles, was den Schülern Spaß macht, in den Unterricht einzubeziehen", beschreibt Schulleiterin Karin Korsch die Philosophie. Und erzählt, dass die Steuben-Schule in der Hitliste Potsdams die gefragteste Schule ist, dass in diesem Schuljahr 240 Bewerbungen auf die 120 Plätze kamen. Und davon, dass die Schule selbst am PisaTest teilnahm und nun gespannt auf die eigenen Ergebnisse wartet. Schulleiterin Korsch jedenfalls ist ziemlich optimistisch, "dass wir besser abgeschnitten haben."

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