zum Hauptinhalt

Brandenburg: Giftgrüner Farbtest für das Verkehrsprojekt 17

Bundesamt für Gewässerkunde bereitet Ausbau von Wasserstraßen zwischen Magdeburg, Potsdam und Berlin vorVON ALEXANDER PAJEVIC POTSDAM.Seltsame Dinge gingen vergangene Woche auf dem Teltowkanal vor sich.

Bundesamt für Gewässerkunde bereitet Ausbau von Wasserstraßen zwischen Magdeburg, Potsdam und Berlin vorVON ALEXANDER PAJEVIC POTSDAM.Seltsame Dinge gingen vergangene Woche auf dem Teltowkanal vor sich.Männer waren dabei zu beobachten, wie sie vom Schiff aus eimerweise eine giftgrüne Flüssigkeit über Bord kippten.Keineswegs illegale Schadstoffbeseitigung: Im Auftrag des Wasserstraßen-Neubauamtes Berlin sollen so die Fließverhältnisse und die Schadstoffverteilung in den Gewässern zwischen Potsdam und Berlin erkundet werden; die ausgekippten Farbpartikel werden später mit Hilfe von Meßsonden auch in kleinster Konzentration ausgemacht.Hintergrund für die Aktion ist das Planfeststellungsverfahren für das umstrittene Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 17, in dessen Zuge die Havel-Wasserstraßen ausgebaut werden sollen.Über den Elbe-Havelkanal, der bei Magdeburg beginnt, sollen Berliner und Brandenburger Häfen auch für "Großmotorgüterschiffe" mit einem Tiefgang von 2,80 Meter und einer Länge von 180 Metern erreichbar werden.Bislang ist nur ein Tiefgang von zwei Metern möglich, so daß die schon jetzt hier verkehrenden Europaschiffe nicht mit voller Ladung fahren können.Unter anderem müssen die Havelseenkette zwischen Paretz und Brandenburg sowie vorhandene Kanäle wie der Sacrow-Paretzer und der Teltow-Kanal ausgebaut werden.Bis 2012 soll das Unterfangen abgeschlossen sein, im Bundeshaushalt sind dafür 4,5 Milliarden Mark vorgesehen.Das Projekt hatte Umweltschützer auf den Plan gerufen.Zwar scheiterte 1996 ein Volksbegehren, doch ist das Aktionsbündnis gegen den Havelausbau weiterhin aktiv.Auf sein Wirken hin waren 1997 noch einmal Vertreter des Petitionsausschusses des Bundestages in Potsdam; das Verkehrsministerium in Bonn ist jetzt angewiesen, einige Aspekte erneut zu überprüfen.Die Umweltschützer halten - von den ökologischen Auswirkungen abgesehen - die Wirtschaftlichkeit für nicht erwiesen.Dem stets genannten Argument der Befürworter, der Gütertransport mit dem Schiff sei ökologisch unbedenklich, widerspricht auch Martin Pusch, Biologe am Berliner Institut für Gewässerökologie: "Binnenschiffahrt ist nicht umweltfreundlich, sondern treibstoffsparend", sagt er.Die Eingriffe in die Natur durch den Ausbau der Wasserstraßen seien erheblich; in diesem Fall allerdings im Bereich der Elbe viel gravierender als an der Havel.Mit dem Projekt schaffe man zudem Kapazitäten, die nicht benötigt würden.Der Interessenverband Deutsche Binnenreederei ist hingegen Feuer und Flamme für das Vorhaben.Bis zu einem Viertel der Tonnage werde zur Zeit nicht genutzt, sagt Sprecher Klaus-Peter Hinz.Er fordert, daß der Ausbau schneller angeschoben und bis zur Oder weitergeführt wird.Wie sinnvoll Projekt Nummer 17 unter wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten ist, war in Potsdam auch auf Ministeriumsebene umstritten: Während das Verkehrsministerium das Vorhaben begrüßte, war das Umweltministerium weniger angetan.Insbesondere die Erhaltung der Potsdamer Kulturlandschaft lag ihm als oberster Planungsbehörde des Landes am Herzen.Der Ausbau sei "mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung nur bedingt vereinbar, wenn bestimmte Ausbaumaßnahmen unterbleiben", hieß es im Oktober 1996 zum Abschluß des Raumordnungsverfahrens.Und man schlug auch eine Alternative vor: Eine Nordumfahrung durch den Havelkanal.Dabei würden die Schiffe jedoch keineswegs aus der Babelsberger Seenlandschaft herausgehalten, da der Berliner Osthafen in Teltow - und vor allen Dingen auch der Hafen in Königs Wusterhausen - über den Teltowkanal angeschlossen werden sollen.Lediglich die Berliner Havel wäre vom Verkehr verschont.Von Seiten der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost - der entscheidenden Behörde - hält man ohnehin nichts von dem Plan: Das Projekt wäre noch einmal um mehrere hundert Millionen Mark teurer, die notwendigen Eingriffe viel gravierender.Jedoch wurden Konzessionen an die Forderungen des Umweltministeriums gemacht.Mit dem Ergebnis könne man jetzt leben, sagt Ministeriumssprecher Hans-Dieter Schütte.So soll unter anderem die Tiefenausbaggerung der Havelseen von 4 auf 3,50 Meter reduziert und die Glienicker Brücke nicht angehoben werden.Das heißt, vorläufig nicht - wenn die Brücke in ein paar Jahren erneuert wird, soll sie auch höher werden."Wir haben keine Probleme, die Maßgaben des Raumordnungsverfahrens einzuhalten", sagt der zuständige Dezernatsleiter in der Schiffahrtsdirektion, Friedrich Koop.Als Bundesbehörde haben die Raumordnungsverfahren der Länder für sie ohnehin lediglich empfehlenden Charakter.So auch, wenn in Berlin am 9.Juni die Antragskonferenz für ein solches Verfahren abgehalten wird und es tatsächlich noch einmal um Nordumfahrung gehen soll.Koop hofft jedoch, daß es gar nicht erst dazu kommen wird, sondern daß eine Stellungnahme aufgrund der vorhandenen Erkenntnisse ausreichen wird, um den Plan ad acta zu legen.Die Hoffnung der Umweltschützer hingegen, daß das ganze Projekt Nummer 17 noch abgesagt wird, hält er für gänzlich abwegig: "Man kann in einigen Punkten noch über das Wie reden, aber das Projekt ist in voller Fahrt."

ALEXANDER PAJEVIC

Zur Startseite