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Brandenburg: Halbherziger Tourismus reicht nicht

Claus-Dieter Steyer

Mit Kreide auf schwarzen Grund stand die rettende Botschaft am Wegesrand: „Heute ein bisschen geöffnet“. Da lachte den emsigen Radlern auf dem Oder-Neiße-Radweg das Herz. Denn laut dem Plan im Infokasten sollte die Gaststätte in Zollbrücke im Oderbruch an diesem Tag eigentlich geschlossen sein. Aber angesichts des regen Verkehrs bei schönstem Wetter auf der direkt vor seinem Haus verlaufenden Radpiste entschloss sich der Wirt zur „halben Öffnung“. Das mag wie selbstverständlich klingen. Doch gerade in der Brandenburger Tourismusbranche gehören solche Erlebnisse nach wie vor zu den Ausnahmen. Oft stehen die Interessen des Gastes weit hinter denen der so genannten Dienstleister zurück.

Zwar hat sich in den vergangenen Jahren nicht zuletzt dank der Tourismusakademie beim Service schon viel getan. Aber solange Tourismusinformationen noch immer sonnabends bereits um 12 Uhr schließen und die Gäste bei ihrer Suche nach guten Gaststätten und Hotels danach auf sich allein gestellt sind oder die Museumsschlösser an ihren eisernen Schließzeiten an Montagen festhalten, sind die Potenziale längst nicht ausgeschöpft. Die Meldung über das Schloss Sanssouci kommt deshalb fast einer Revolution gleich. Bis zum 9. Oktober kann die königliche Prachtresidenz auch montags zwischen 9 und 14 Uhr besichtigt werden. Man habe auf die große Nachfrage reagiert, hieß es von der Schlösserstiftung. Weiter so, möchte man ausrufen, und fragen: Wann folgen Rheinsberg, Caputh, Oranienburg, Königs Wusterhausen und Paretz?

Obwohl die Bilanz der Tourismuswirtschaft nach diesem Sommer mit karibischer Hitze, Fußballtrubel, einem eher durchwachsenen August und einem goldenen Herbst durchaus positiv ausfällt, kommen harte Zeiten auf die Hotels, Gaststätten und sonstigen Betriebe zu. Die drastische Reduzierung im Zug- und Busverkehr wird ebenso wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu spüren sein. Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen nehmen den Brandenburgern immer mehr Wochenend- und Tagesausflügler aus Berlin weg. Die Oberlausitz mit den toll restaurierten Innenstädten von Bautzen, Zittau und Görlitz beispielsweise geht mit einem immensen Werbeetat in die Offensive, um den jetzt schon bei 30 Prozent liegenden Anteil der Gäste aus der Hauptstadt noch weiter zu erhöhen.

Dort stützen alle Wirtschaftsbetriebe eine offensiv ausgerichtete Marketinggesellschaft. Und was macht Brandenburg? Es ersetzt die bekannten Namen „Märkische Schweiz“ oder „Schorfheide“ durch die Kreisnamen Barnim und Märkisch Oderland und verliert viel Zeit und Kraft im noch immer nicht entschiedenen Wettstreit zwischen der zentralen Marketinggesellschaft und den 13 (!) Reiseregionen.

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