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Brandenburg: Helfer stehen Schlange

Die Kinder sind schwer krank, sie brauchen Hilfe Tausende Spender lassen sich untersuchen

Berlin/Neuruppin – Die Fälle ähneln sich, und in der Weddinger Sporthalle sehen die Bilder an diesem Sonntagmittag so aus: Ömer Kutbay, 33, steht überwältigt inmitten des Trubels. Hunderte drängen in die Sporthalle der Willy-Brandt Gesamtschule. Sie alle sind gekommen, um seinen beiden Kindern – Melisa ist 18 Monate alt, ihr Bruder Mirac vier Jahre – zu helfen. Zunächst durch eine Blutprobe und später dann, wenn es passt, als Spender von Knochenmark.

Zu diesem Zeitpunkt machen sich auch in Neuruppin die Menschen auf den Weg. 2000 kommen den ganzen Tag über in die Klinik. Auch sie lassen sich eine Blutprobe abnehmen, auch sie wollen helfen. In Neuruppin geht es um Corven, sieben Monate alt. Jeder Schnupfen kann für ihn zum Verhängnis werden.

Melisa und Mirac, die beiden Geschwister aus Wedding, leiden an einer schweren Funktionsstörung der Blutbildung, medizinisch heißt das: Neutropenie. Ihr Knochenmark bildet zu wenig weiße Blutkörperchen. Deshalb sind ihre Körper anfällig für ständige Infektionen – und die Kinder in Lebensgefahr. „Ich bin so froh über die vielen Leute“, sagt Ömer Kutbay, der Vater. „Ich weiß gar nicht, wie ich ihnen danken soll.“ Vielleicht finde sich durch die Typisierung nicht nur für Melisa und Mirac ein passender Spender. „Weltweit warten so viele Kinder auf ihren Helfer.“

Schon am Sonnabend hatten sich 1300 Menschen bei der Typisierungsaktion jeweils fünf Milliliter Blut abzapfen lassen. Bei der Aktion am Sonntag folgten bis zum frühen Nachmittag 400 weitere. In den nächsten vier bis acht Wochen bestimmen Mediziner damit die genetischen Gewebemerkmale.

Das wird nun auch in Neuruppin passieren. Corven leidet an einer angeborenen und seltenen Immunschwäche, dem Wiskott-Aldrich-Syndrom. Die Proben werden am Montag per Flugzeug zu einem Labor in New York geschickt, das in spätestens drei Wochen ein Ergebnis mitteilen will. Corven liegt derzeit mit einer schweren Bronchitis im Krankenhaus.

Umsonst ist niemand gekommen, nicht in Wedding und auch nicht in Neuruppin. Die Daten werden in die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gespeichert und haben dann vielleicht für andere Schwerkranke das richtige Knochenmark. Inzwischen sind fast 1,5 Millionen Menschen als potenzielle Spender in der Datei gelistet.

Es braucht so viele, denn die Chancen auf einen passenden Knochenmarkspender stehen bei 1 zu 20 000 bis eins zu mehreren Millionen, sagt Bagnu Yazici von der DKMS. Am 25. Februar ist in Berlin, im Kabarett Cartoon in Mitte, eine weitere Aktion geplant. Spenden können alle gesunden Menschen zwischen 18 und 55 Jahren – für Melisa und Mirac sind besonders türkischstämmige Spender gesucht. Aufgrund regionaler Unterschiede bei den Gewebemerkmalen ist die Trefferwahrscheinlichkeit bei ihnen am größten.

Und Geld wird benötigt, viel Geld. So eine Untersuchung kostet schließlich 50 Euro. Deshalb sind auch Geldspenden willkommen. In Neuruppin haben sich an diesem Sonntag sogar die Fischer blicken lassen: Sie verkauften ihren Fang der letzten Tage zugunsten des kleinen Jungen.

Weitere Informationen im Internet: www.dkms.de

www.melisa-mirac.de

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