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Brandenburg: Hoffmann war „Schwalbe“

Linke-Landtagsabgeordneter war laut MfS-Akten selbstverpflichteter Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi

Potsdam – Der unter dem Verdacht der Tätigkeit für den DDR-Geheimdienst stehende brandenburgische Linke-Landtagsabgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann gerät weiter unter Druck. Hoffmann, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion, hat als junger Mann nach Informationen des Tagesspiegels jahrelang als selbstverpflichteter Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gearbeitet. Das geht aus Akten hervor, die die Stasi-Unterlagenbehörde am Freitag in Berlin freigegeben hat. Demnach arbeitete Hoffmann schon als 18-jähriger Oberschüler und später als Soldat der Grenztruppen der DDR als IM „Schwalbe“ für das MfS.

Bislang hat der im Juni 1952 in Luckau geborene Hoffmann jeden Spitzel-Dienst für die Staatssicherheit abgestritten und argumentiert, ein eifriger Stasi-Offizier habe ihn ohne sein Wissen abgeschöpft. Nach den Unterlagen des MfS haben drei MfS-Abteilungen von Senftenberg bis Berlin und Leipzig Berichte von IM „Schwalbe“ erhalten. „Schwalbe“ musste nach Aktenlage bei konspirativen Treffen mit diesem Decknamen angesprochen werden. Berichte lieferte „Schwalbe“ auch als 18-jähriger Oberschüler. Nach dem Abitur lieferte er laut Aktenlage auch einige Monate „wertvolle Hinweise“, als er in der „Produktion“ arbeitete. Laut MfS-Kreisdienststelle Senftenberg erfüllte „Schwalbe“ auch Sonderaufträge. Schließlich nahm die für die Hauptabteilung I des MfS zu IM „Schwalbe“, laut Aktenlage damals Unteroffiziersschüler, Kontakt auf. Später, so steht es in den MfS-Akten, hält auch die Hauptabteilung A (Auslandsaufklärung) Kontakt. Bei den Grenztruppen, stationiert am Brandenburger Tor, lautet „Schwalbes“ Auftrag „Filtrierung“ – er soll fünf Genossen aus seiner Einheit einschätzen. In einem Treffbericht vom September 1972 heißt es: „Der IMS berichtet über den Zustand der Einheit und die Stimmung unter dem Personalbestand.“ Schriftlich informiert „Schwalbe“ über einen Soldaten, der „in Fragen des Westsenderhörens“ und „westliche Einflüsse betreffend“ „oft noch zu labil“ ist. Im Oktober 1972 steigt der IM auf. Weil er, wie es in einem Bericht heißt, „relativ reiche Erfahrungen in der Aufklärung von Personen“ besitzt, wird „Schwalbe“ zum IME – einem besonders geschulten IM „zur Lösung spezieller politisch-operativer Aufgaben“. Von oberster Stellung der Hauptabteilung I wird „Schwalbe“ als „Perspektivkader“ geführt. Er besitze „umfangreiche Erfahrungen in der Herstellung von Kontakten zu Kirchenkreisen“. 1974 berichtet „Schwalbe“ schließlich von einem Zugführer, der seinen Aufgaben nicht mehr nachkommt, einem Gefreiten, der sich über beengte Wohnverhältnisse beschwert, sowie über einen anderen, dessen Onkel „prowestlich eingestellt ist und die gesamte Wohnungseinrichtung“ aus Westberlin bezieht. Die Akte endet im Jahr 1974. Hoffmann beginnt da in Leipzig ein Philosophiestudium. Für die Stasi wird „Schwalbe“ uninteressant.

Hoffmann wollte sich am Freitag nicht äußern. Sein Anwalt Peter-Michael Diestel, letzter Innenminister der DDR, will erst die Akte einsehen, der Antrag liege noch bei der Birthler-Behörde. Konkret sagte er zum Fall Hoffmann: „Das meiste spielte sich in einem Zeitraum ab, der 40 Jahre zurückliegt. Meinem Mandaten sind die Umstände nicht mehr gegenwärtig, unter denen er als 17-Jähriger in Gespräche verwickelt worden ist.“ Dagegen legte die Stasi-Unterlagenbehörde auf die Feststellung wert, keine Spitzelberichte herausgegeben zu haben, die IM „Schwalbe“ als Minderjähriger verfasst hat. Linke-Landeschef Thomas Nord, einst selbst IM der Stasi, erklärte am Freitagabend: „Ich gehe davon aus, dass Herr Hoffmann keine Verpflichtungserklärung unterzeichnet hat.“ Entsprechende Meldungen seien nicht richtig. Alexander Fröhlich/Peter Tiede

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