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Brandenburg: Hoffnung für Horno

Das Dorf musste den Baggern weichen – jetzt wurde am neuen Ort die Kirche geweiht

Fo rst. Ein Gruß – und ein Aufatmen: „Frohe Weihnachten. Wir freuen uns, dass es geschafft ist.“ So begrüßte Pfarrerin Dagmar Wellenbrink gestern ihre Gemeinde, die an diesem zweiten Weihnachtsfeiertag im neuen Horno zusammengekommen ist. Gefeiert wird der erste Gottesdienst in der nun fertiggestellten Kirche des umgesiedelten Dorfes. Auch Wolfgang Huber, der Landesbischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands, war gekommen, um die kleine Kirche zu weihen. Sie ist ein Nachbau des mehr als 500 Jahre alten Gotteshauses im 15 Kilometer entfernten alten Horno, das bis Mitte 2004 den Kohlebaggern des Tagebaus Jänschwalde weichen muss. Jahrelang hatten sich die Bewohner des Dorfes gegen die Umsiedlung in einen neu geschaffenen Stadtteil von Forst gewehrt. Und deshalb, so Pfarrerin Wellenbrink, könne man an diesem Tag auch nur von „verhaltener Freude“ über die neue Kirche sprechen. „Die Wunden der Hornoer sind noch immer groß“, sagte sie und sprach von „zwiespältigen Gefühlen und hin- und hergerissenen Herzen“, mit denen die Menschen in die Kirche gekommen seien. Doch nun gebe es wieder Hoffnung für Horno; man müsse jetzt nach vorne sehen.

Tatsächlich waren so viele Menschen gekommen, dass längst nicht alle Platz fanden – und der Gottesdienst kurzerhand auch in den voll besetzten Gemeindesaal des Ortes übertragen wurde. Bischof Huber rief die Hornoer auf, auch in Zukunft „einander nah zu sein“. Eine Kirche, so sagte er, sei „auf den Geschichten der Menschen gebaut“.

Für die rund 220 umgesiedelten Hornoer war der Gottesdienst auch Abschluss des ersten Weihnachtsfestes im neuen Ort. Ein Weihnachten der gemischten Gefühle, wie Ortsvorsteher Bernd Siegert berichtete. „Noch hat jeder so sehr mit sich selbst und den noch immer nicht fertig gestellten Grundstücken zu tun, dass keine richtige Weihnachtsstimmung aufkommen wollte.“ Gerade für die alten Menschen sei die Umstellung schwer. Es ist dem Dorf anzusehen, wie viel noch zu tun ist: Gärten und Vorgärten sind noch kaum bepflanzt. Noch immer sind nicht alle Straßen fertiggestellt, am Spielplatz muss auch noch gehämmert und gesägt werden. Überall riecht es nach frischer Farbe, in der neuen Kneipe stehen Stühle, auf denen bisher keiner gesessen hat.

Nahezu kein Stein ist alt im neuen Horno – nicht zuletzt deshalb war es seinen Bewohnern ein Anliegen, zumindest einen Replikbau ihrer alten Dorfkirche zu errichten, die bis zum Umzug das Wahrzeichen ihres Ortes war. Auch rund um das Gotteshaus, dessen Außenanlagen erst Ostern 2004 fertig gestellt sein sollen, türmen sich noch Mutterbodenberge neben Baggern und anderem Baugerät. Die 13 Tonnen schwere Kirchturmkuppel war bereits im Sommer von der alten Kirche abgehoben, restauriert und auf das neue Gotteshaus aufgesetzt worden. Jetzt überragt sie den neuen Ort und rief die Hornoer am Freitag zum Weihgottesdienst. Auch der 3,80 Meter hohe Barock-Altar, der historische Kanzelkorb, die acht Emporentafeln mit den Psalmsprüchen und das alte Taufbecken sind mit umgezogen.

Und dennoch: „Heimat kann man nicht bezahlen“, sagt Ortsvorsteher Siegert. Und dies ist wohl nicht der geringste Grund dafür, warum das Weihnachtsfest der Hornoer in diesem Jahr etwas stiller verlief als sonst.

Dana Trenkner

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