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Brandenburg: Holländische Viertel: Potsdams "Flaggschiff" hat kann von den Touristen allein nicht leben

Ein echt holländisch-preußischer Geheimtipp: Am Wochenende lädt das Holländische Viertel, nun bereits zum neunten Mal, zum Töpfermarkt. Mit rund 50 Töpfern, Korbflechtern oder Zinngießern, die im nach Sanssouci bekanntesten Kleinod der Preußenresidenz am Samstag und Sonntag ihre traditionellen Handwerkskünste präsentieren.

Ein echt holländisch-preußischer Geheimtipp: Am Wochenende lädt das Holländische Viertel, nun bereits zum neunten Mal, zum Töpfermarkt. Mit rund 50 Töpfern, Korbflechtern oder Zinngießern, die im nach Sanssouci bekanntesten Kleinod der Preußenresidenz am Samstag und Sonntag ihre traditionellen Handwerkskünste präsentieren. Und es werden sich wieder, da ist Cheforganisator Sven Tietze sicher, viele Berliner und Potsdamer vom stillen Charme der roten Backsteinkarrees locken lassen. Im Vorjahr waren es 20 000 Besucher. "Wo gibt es das auch sonst noch in der Region?" Eine stilles Fest, in diesem Ambiente. "Keine Massenveranstaltung."

Dennoch macht Tietze, Touristikunternehmer und Chef der früheren, inzwischen aufgelösten Interessengemeinschaft der hiesigen Gewerbetreibenden, aus den Nöten und Sorgen des Viertels keinen Hehl. Seine nüchterne Analyse: Obwohl Töpfermärkte und Tulpenfeste regelmäßig Gäste in Scharen locken, obwohl zwei Drittel der 128 Holländerhäuser inzwischen in alter Pracht erstrahlen, obwohl sich inzwischen so viele originelle Läden und Kneipen hier angesiedelt haben, sei das Viertel "noch lange nicht über den Berg." Gewiss, so Tietze, das Holländische Viertel sei das "Flaggschiff" der Potsdamer Innenstadt, nicht zu vergleichen mit der ramschigen Fußgängerzone. Auch der hier ansässigen Gastronomie gehe es ganz gut, "aber eben dem Handel noch nicht". Ein Selbstläufer, was viele glauben, sei das Viertel nicht. Eine Einschätzung, die auch Ute Fröhlich teilt, die in der Mittelstraße die Ladengalerie "Unikate" betreibt. An den Wochenende laufe es gut, "doch in der Woche ist es extrem ruhig" Da verirre sich kaum ein Tourist, kaum ein Kunde in das architektonische Kleinod. Fröhlich hofft vor allem auf die Bundesgartenschau im nächsten Jahr, die auch für das Viertel den Durchbruch bringen soll. Denn welcher Händler kann schon allein von Wochenend-Kundschaft leben?

Kein Wunder, dass inzwischen die ersten Existenzgründer im Viertel wieder die Segel streichen mussten: Der "Scherbenladen" - einer der beiden Töpfer- und Keramikgeschäfte - machte bereits dicht, ebenso eine Weinstube. Zwei "Boutiqen" wollen, wie zu hören ist, demnächst aufgeben. Zwar kein Drama angesichts der bunten Szene aus rund dreißig bis vierzig Kneipen, Boutiquen, Läden, aber durchaus ein Warnsignal, wie Tietze findet. Das Marketing der Stadt, das Leitsystem, lautet deshalb eine Dauerklage der Händler, lasse zu wünschen übrig. Doch auch die Gewerbetreibenden selbst haben die Chance verpasst: Eine Werbegemeinschaft, die vor allem Berliner in das Kleinod locken könnte, scheiterte immer wieder an Kleingeist und Egoismus untereinander. Worüber sich Besucher am meisten beklagen: Das Holländische Viertel ist stets zugeparkt, was das Flair des europaweit einmaligen Einsembles empfindlich trübt: Wie andere hat Tietze deshalb den Traum nicht aufgeben, dass die Stadtväter irgendwann die Mittelstraße doch noch in eine Fußgängerzone verwandeln - trotz der zu erwartenden Widerstände von Anwohnern. Beim Töpfermarkt wird dies zumindest für zwei Tage Wirklichkeit: Die Autos müssen raus.

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