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Brandenburg: Immobilienspekulationen: Die dubiosen Schnäppchen von Dolgenbrodt

Idyllische Flecken sind es, von denen der Staatsanwalt spricht. In der Anklageschrift tauchen die Straßennamen "Hasenwinkel", "Am Langen See", "Fährwinkel" oder "Seekorso" auf.

Idyllische Flecken sind es, von denen der Staatsanwalt spricht. In der Anklageschrift tauchen die Straßennamen "Hasenwinkel", "Am Langen See", "Fährwinkel" oder "Seekorso" auf. Es sind Straßen aus dem 300-Seelen-Ort Dolgenbrodt (Dahme-Spreewald). Straßen, in denen mancher Stadtmensch gern ein Grundstück gekauft hätte. Doch Auswärtige kamen nur schwer zum Zuge, weil die Gemeindevertretung den Einheimischen offenbar Sonderkonditionen verschafft hat.

Deshalb sitzt jetzt, zehn Jahre später, fast das gesamte Ortsparlament auf der Anklagebank im Amtsgericht Königs Wusterhausen. Die Staatsanwaltschaft wirft den zehn Angeklagten, darunter der damaligen Bürgermeisterin, Untreue in 13 Fällen vor. Sie sollen dem Dorf Dolgenbrodt einen Schaden von insgesamt fast einer halben Million Mark zugefügt haben, indem sie Grundstücke zu Spottpreisen verkauften.

Die am gestrigen Dienstag begonnene Verhandlung ist nicht das erste Kapitel zum Thema Dolgenbrodt. Schon im Dezember 1997 hatte sich die Staatsanwaltschaft mit den 13 fraglichen Verkäufen befasst und Strafbefehle über mehrere tausend Mark erlassen. Dagegen hatten die Gemeindevertreter Widerspruch eingelegt; jetzt scheint sich ein zähes Verfahren anzubahnen. Allein über eine Stunde dauerte es, bis der Staatsanwalt die zehn gleich lautenden Anklagen verlesen hatte. Dem Staatsanwalt gegenüber sitzt neben der Verteidigerin der Ex-Bürgermeisterin auch Karl Pfannenschwarz, Rechtsanwalt und selber Ex-Bürgermeister, seitdem er 1998 nach fünfjähriger Amtszeit ausschied.

Anklagepunkt Nummer 13 ist besonders heikel. Nicht nur, weil das zugehörige Grundstück von Thomas O. mit fast 5000 Quadratmetern ungewöhnlich groß ist. Sondern auch, weil es an das Asylbewerberheim grenzt, das in einer Novembernacht des Jahres 1992 - einen Tag vor seinem geplanten Bezug - in Flammen aufging. Später stellte sich heraus, dass Dorfbewohner einen Brandstifter bezahlt hatten, weil sie das Heim nicht wollten. Einer der Haupttäter war Thomas O., der die "Spenden" der Nachbarn gesammelt und dem Brandstifter insgesamt 12 000 Mark gezahlt hatte. Der von Dorfbewohnern gedeckte Anschlag hatte weltweit für Aufsehen gesorgt.

Thomas O.s Grundstück kostete kaum mehr als der Brandstifter: 700 Quadratmeter hatte er für je eine Mark von der Gemeinde bekommen; der Quadratmeterpreis für den Rest lag bei zehn Mark. Andere Einheimische konnten zu ähnlichen Konditionen kaufen, obwohl der offizielle Richtwert laut Anklage bei 30 bis 50 Mark pro Quadratmeter lag.

Rechtsanwalt Pfannenschwarz kann daran nichts Verwerfliches finden. Zum einen hätten die Gemeindevertreter 1991 noch gar keine Informationen zum Verkehrswert der Grundstücke gehabt. Zum anderen hätten weder Landrat noch Kommunalaufsicht des Kreises die Geschäfte beanstandet. Der Staatsanwalt wiederum will beim nächsten Verhandlungstermin am kommenden Dienstag zwei Zeugen präsentieren, die ebenfalls 1991 in Dolgenbrodt Land kauften - für 50 Mark pro Quadratmeter.

Aus Sicht der Angeklagten kann von "Schaden" keine Rede sein. Schließlich hätten von den Geschäften keine Spekulanten profitiert. Sondern Dorfbewohner, die zum Teil seit Jahrzehnten in Dolgenbrodt leben.

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