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Brandenburg: In die Speicherstadt rollen die Abrißbagger

Es sind gut 500 Meter Luftlinie bis zum monströsen "Potsdam-Center", das der brandenburgischen Hauptstadt beinahe die rote Karte der Unesco einbrachte: Nun droht in der Speicherstadt am Ufer der Havel historischen Speicher-Bauwerken aus der Gründerzeit der Abriß, obwohl diese zumeist gut erhalten und erhaltenswert sind.Durch einen öffentlichen Bauherren, mit dem Segen des Potsdamer Rathauses, ohne Veto der Denkmalbehörden von Stadt und Land, ohne sonderlichen Widerstand von Öffentlichkeit und Stadtpolitik, die sich dieser Tage ganz auf die hiesigen Dauerbrenner "Potsdam-Center" und "Karstadt" konzentriert.

Es sind gut 500 Meter Luftlinie bis zum monströsen "Potsdam-Center", das der brandenburgischen Hauptstadt beinahe die rote Karte der Unesco einbrachte: Nun droht in der Speicherstadt am Ufer der Havel historischen Speicher-Bauwerken aus der Gründerzeit der Abriß, obwohl diese zumeist gut erhalten und erhaltenswert sind.Durch einen öffentlichen Bauherren, mit dem Segen des Potsdamer Rathauses, ohne Veto der Denkmalbehörden von Stadt und Land, ohne sonderlichen Widerstand von Öffentlichkeit und Stadtpolitik, die sich dieser Tage ganz auf die hiesigen Dauerbrenner "Potsdam-Center" und "Karstadt" konzentriert.In der Speicherstadt werden unterdessen Tatsachen geschaffen.Ganz legal, die Genehmigungen und Aufträge sind längst erteilt: In den vergangenen Tagen ist ein früherer Mehlspeicher mit der Nummer 4, Baujahr 1839, fast restlos abgetragen worden.Es war ein vom preußischen Baumeister Boelcke errichteter Anbau an den berühmten Persius-Speicher, der das Ensemble krönt.Bis Mai 1999 soll der Abriß von drei weiteren alten Speichergebäuden beendet sein, sagte gestern Bauleiter Uwe Kantz von der Verkehrsbauunion.Dabei handelt es sich um den Speicher 12, Jahrgang 1900/04, einst ein Hafermagazin, außerdem um den Speicher 2, ein weiterer Klinker-Anbau an den Persiusspeicher vom Anfang dieses Jahrhunderts, der bereits so entkernt wurde, daß nur noch die Balken freiliegen.Betroffen ist auch der frühere Speicher 6, (1860), einst eine Heu- und Strohremise.Bauherr und Auftraggeber ist die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG), die "Baufreiheit" für die weitere Entwicklung des Areals schaffen will, das auch als einer der möglichen Standorte für den künftigen Landtag im Gespräch ist.

Die Abrisse sind sozusagen vorsorglich, "vorbereitend für die städtebauliche Neugestaltung" des Areals, wie es bei der TLG heißt.Eine konkrete Planung, ein konkretes Konzept, einen Investor gibt es bisher nicht.Ebensowenig wie behördliche Sicherungen, die die Abrisse verhindern könnten: Obwohl die Speicherstadt als historisch gewachsenes und bewahrenswertes Ensemble Potsdamer Industriearchitektur gilt, hat die Bauverwaltung zum Ärger der Denkmalpfleger bislang keine Erhaltungssatzung aufgelegt.

Doch: Die vom Abriß bedrohten Gebäude stehen auch nicht unter Denkmalschutz.Der zuständige Potsdamer Denkmalpfleger Jörg Limberg bedauert zwar außerordentlich, daß die TLG "Tabula-Rasa" in der Speicherstadt mache.Man habe dennoch von einer Unterschutzstellung absehen müssen, sagte Limberg, weil die Chancen zu gering gewesen seien, daß sie einer juristischen Überprüfung standgehalten hätte.Die betreffenden Gebäude können sich laut Limberg in ihrem kulturhistorischen Wert mit dem Persius-Speicher und anderer denkmalgeschützter Bauten in der Speicherstadt nicht messen.Limberg bestreitet nicht, daß die Qualität des Ensembles durch die Abrisse gestört wird, zumals die Baussubstanz zumeist "erhaltenswert und intakt ist." So intakt, daß auf seine Empfehlung diverse Denkmalfirmen aus Berlin und Potsdam sich hundertjährige Balken, Ziegel, ganze Treppen abgeholt haben.

"Denkmalpflege kann nicht Versäumnisse der Stadtentwicklung und fehlende Bauherrenkultur ausgleichen", sagt auch Landeskonservator Detlef Karg, der keine Versäumnisse seiner Behörde und des Potsdamer Denkmalamtes sieht.Geschichtlichkeit allein reiche für eine Eintragung in die Denkmalliste nicht aus.So versuchen die Denkmalpfleger nun, wenigstens den von der TLG ebenfalls geplanten Abriß weiterer, eindeutig denkmalgeschützter Speicher (5 und 7) sowie des früheren Wohn- und Dienstgebäudes - nach dem Persiusspeicher das älteste Bauwerk am Platze - zu verhindern.Für den Berliner Professor Jürgen Streich, der im Auftrag der Stadt Potsdam vor einigen Jahren ein denkmalpflegerisches Gutachten über die Speicherstadt erstellt hatte, ist diese Erklärung ein schwacher Trost.Alle Gebäude, die nun dem Erdboden gleichgemacht werden, hatte Streich als erhaltenswert eingestuft.Und den Speicher 4, der nun als erstes fiel, sogar "als denkmalwürdig."

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