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Brandenburg: In zwei Wochen soll klar sein, ob Dreher geht

POTSDAM .Brandenburgs Wirtschaftsminister Burkhard Dreher (SPD) wird möglicherweise vorzeitig aus dem Stolpe-Kabinett ausscheiden.

POTSDAM .Brandenburgs Wirtschaftsminister Burkhard Dreher (SPD) wird möglicherweise vorzeitig aus dem Stolpe-Kabinett ausscheiden.Die VEW Aktiengesellschaft in Dortmund bestätigte, der 54jährige SPD-Politiker sei in der engeren Wahl für den Vizevorstandsposten des Energie-, Entsorgungs- und Telekommunikationskonzerns, das einen Jahresumsatz 10 Milliarden Mark macht und 15 000 Beschäftigte hat.Nach den Worten von Regierungssprecher Erhard Thomas würde Stolpe einen Weggang Drehers bedauern, diesem jedoch "keine Steine in den Weg legen".Eine Entscheidung über Drehers Zukunft soll Thomas zufolge noch im Dezember fallen.Die PDS- und CDU-Opposition sprach von "Auflösungserscheinungen" in der Regierung.

In Kabinett stünden derzeit Justizminister Hans Otto Bräutigam und Bildungsministerin Angelika Peter besonders unter Druck.Die CDU forderte eine Kabinettsreform.Dies lehnte SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler strikt ab, selbst wenn Dreher vorzeitig Brandenburg verlassen sollte."Bis zum Ende der Legislaturperiode bleibt es beim jetzigen Ressortzuschnitt", sagte Birthler.VEW-Unternehmenssprecher Jochen Draht sagte, daß die Entscheidung über die Neubesetzung der VEW-Vorstandsposten am 9.Dezember im Aufsichtsrat fallen soll.Dreher, der früher Wirtschaftsbeigeordneter in Dortmund und Oberstadtdirektor in Bochum war, wollte das VEW-Angebot nicht kommentieren und auch nicht dementieren.Der Minister beteilige sich nicht an Spekulationen, sagte sein Sprecher Kenneth Frisse.

Auf die neuerliche Personalie in der Stolpe-Regierung gab es kontroverse Reaktionen.Er sei "erschüttert und überrascht" sagte Heiko Müller, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.Ein Weggang Drehers, der hinter den Kulissen viel für die Rettung von Brandenburger Unternehmen getan habe, wäre nach seinen Worten ein "großer Verlust" für das Land.

"Lieber einen exzellenten Minister auf kürzere Zeit als weniger exzellente Minister auf Dauer", sagte Staatskanzleichef Jürgen Linde.Wenn Dreher für einen der "heißumworbensten Posten" der deutschen Wirtschaft umworben werde, sagte Regierungssprecher Thomas, könne er als Minister "nicht so schlecht sein, wie die Opposition gelegentlich behaupte".

Dagegen sprachen PDS und CDU unter Verweis auf die aktuellen Personaldebatten von "Auflösungserscheinungen" im StolpeKabinett.Der wirtschaftspolitische Sprecher der PDS, Ralf Christoffers, sagte, eine Neubesetzung des Wirtschaftsressorts ein Jahr vor der Landtagswahl "gefährde notwendige Kontinuität".Weiter sagte Christoffers, Dreher sei "trotz Meinungsunterschieden" ein sachlichen Partner.

"Das Kabinett ist nicht mehr arbeitsfähig", sagte CDU-Fraktionschef Wolfgang Hackel.Dreher, der selbst "keine besondere Arbeit" geleistet habe, "resigniere".Grund sei, daß er in der SPD zuwenig Unterstützung erhalten habe.Hackel erinnerte daran, daß Dreher bei den Haushaltsdebatten im Vorjahr mit Rücktritt gedroht hatte, falls er nicht ausreichend Mittel bekomme.Dreher setzte sich damals durch.

Karussell im Kabinett

Dreher ist schwerer zu halten als andere Minister

POTSDAM.Je näher das Ende der Legislaturperiode rückt, um so schneller dreht sich das Personalkarussell der Regierung."Wenn es so weitergeht", so ein SPD-Politiker, "haben wir schon vor der Landtagswahl eine komplett neue Regierung." Alles fing mit dem früheren Agrarminister Edwin Zimmermann an, der vor einem Jahr über die sogenannte Backofen-Affäre stürzte.Vor allem die märkischen Bauern trauern dem urigen Landwirt aus Schöna-Kolpin nach.Das liegt vermutlich auch daran, daß es seinem Nachfolger, dem einstigen Landrat Gunter Fritsch, bis heute schwerfällt, ihren Ton zu treffen.Ende Oktober wechselte dann Matthias Platzeck ins Potsdamer Rathaus: Obwohl Bundeskanzler Gerhard Schröder den durch seinen Einsatz beim Oderhochwasser bundesweit bekanntgewordenen jetzigen Oberbürgermeister in seine Regierungsmannschaft holen wollte, mußte sich Platzeck opfern, um die PDS-Hochburg Potsdam für die SPD zu retten.Schafft er es, aus der Landeshauptstadt eine blühende Stadt zu machen, gilt er als aussichtsreicher Kandidat für die Stolpe-Nachfolge.

Zimmermann und Platzeck hätten, heißt es in SPD-Kreisen, eine Lücke hinterlassen.Das größte Handicap von Platzeck-Nachfolger Eberhard Henne: Er ist Naturschützer, aber kein Politiker, und er hat keine Lobby in der SPD.Dort gilt er als "Übergangsminister" bis zur Landtagswahl im September 1999.Diese Erfahrungen sind vielleicht auch ein Grund, daß Stolpe den Rücktritt von Justizminister Hans Otto Bräutigam nach dem Potsdamer Gefängnisskandal ablehnte."Der Regierungschef weiß, was er an Bräutigam hat, er weiß aber nicht, was er für ihn bekommen hätte", resümiert ein SPD-Politiker.Zwar gilt der welterfahrene Diplomat in SPD-Kreisen nicht als "idealer Justizminister", aber doch als "guter Außenminister" und wegen seines Ansehens auch als "Aushängeschild der Regierung".

Schwerer dürfte es Stolpe wohl fallen, den leisen und zurückhaltenden Wirtschaftsminister Burkhard Dreher zu halten: Abgesehen davon, daß diesem ein Traum-Job winkt: In der märkischen SPD ist Dreher nicht unumstritten: Ihm wird angekreidet, daß er nicht genügend Power habe und keine Impulse von ihm ausgingen.Dreher selbst ist offenbar der ständigen Kämpfe mit der Finanzministerin um einen angemessenen Förderhaushalt müde.Er habe, glaubt ein Regierungsmitglied, in seinem Job nie so richtig Feuer gefangen.Politikmachen und mit den Leuten streiten sei nicht sein Ding.Vor allem im letzten halben Jahr sei er in der Öffentlichkeit immer seltener aufgetreten.Zwar bestreitet Regierungssprecher Erhard Thomas vehement, daß Dreher amtsmüde sei.Doch kursieren schon seit längerem Gerüchte, daß er auf Jobsuche sei.Ein Personalproblem gibt es auch im Bildungsressort: Die Ministerin Angelika Peter gerät wegen der Defizite in der Schulbildung zunehmend in die Kritik. MICHAEL MARA

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