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Kaiserbahnhof

© ddp

Joachimsthal: Hörspiele mit Gleisanschluss

Im Kaiserbahnhof von Joachimsthal gibt es täglich Theater für die Ohren. Nach der guten Resonanz auf die ersten Veranstaltungen im Vorjahr haben sich der Heimatverein Joachimsthal und der Initiator Jens Franke nun zu einer vollen Spielsaison im Hörspielbahnhof entschlossen.

Sherlock Holmes jagt den „Vampir von Sussex“, Edgar Wallace schildert den Schrecken einer Sekretärin angesichts eines blauen Handabdrucks auf der Fensterscheibe, Stanislaw Lem führt seine Helden über den mysteriösen Planeten „Solaris“ – die Schorfheide bildet derzeit den Rahmen für ungewöhnliche Erlebnisse. Im alten Kaiserbahnhof am Rande von Joachimsthal laufen täglich Hörspiele. Nach der guten Resonanz auf die ersten Veranstaltungen im Vorjahr haben sich der Heimatverein Joachimsthal und der Initiator Jens Franke nun zu einer vollen Spielsaison entschlossen. Vorerst bis zum 9. September verwandelt sich der ehemalige Eingangssaal um 15 Uhr für Kinder, um 18 Uhr für Erwachsene – und sonnabends oft zusätzlich noch um 20 Uhr – in Deutschlands ersten Hörspielbahnhof. Möglicherweise laden die Organisatoren auch im Herbst und im Winter zu den stets kostenfreien Veranstaltungen ein.

Gerade werden im Bahnhof Heizrohre verlegt. Außerdem gibt es einen funktionstüchtigen Kamin, der an dieser Stelle schon dem Namensgeber Kaiser Wilhelm II. einheizte. Er ist zweifellos der Blickfang in dem rund 50 Quadratmeter großen Raum unter dem hölzernen Tonnengewölbe. Der Ort mit gerade einmal 3800 Einwohnern hat das Gebäude von der Bahn gekauft und zur Kulturstätte umbaut. „Uns tat es einfach weh, als das Gebäude zu verfallen drohte“, sagt Dirk Protzmann, der Direktor des Amtes Joachimsthal. Das Vorbild für den Hörspielbahnhof steht in Federow, einem kleinen Dorf nahe der Müritz. Hier hatte der Potsdamer Architekt Jens Franke in einer verlassenen Kirche eine Hörspielstätte eingerichtet. Die Joachimsthaler erfuhren davon und überzeugten Franke, so etwas auch bei ihnen anzubieten.

Mit den Hörspielen soll auch der Tourismus in der Schorfheide rund 65 Kilometer nördlich Berlins angekurbelt werden. Aber ein Besuch des Bahnhofs lohnt auch außerhalb der Hörspielzeiten. Er wurde 1898 gebaut – Kaiser Wilhelm II. machte sich hier nach der Ankunft seines Sonderzuges frisch, um dann die acht Kilometer bis zum Jagdschloss Hubertusstock weiterzufahren. Das Fachwerkgebäude wurde skandinavischen Vorbildern nachempfunden, was sich unter anderem in der geschnitzten Verzierung des Dachfirstes zeigt. Der Kaiser liebte bekanntlich Ausflüge nach Norwegen. Im ähnlichen Stil entstand das benachbarte Beamtengebäude, in das heute eine private Galerie eingezogen ist. Der Bahnhof ist ständig mit zwei Personen vom Heimatverein besetzt, die Informationen bereithalten und Fahrräder verleihen. Bis zum Werbellinsee oder zur Aussichtsplattform „Biorama“ auf dem alten Wasserturm ist es nur ein kurzes Stück.

Auskünfte zum Programm erteilt der Heimatverein Joachimsthal, Frau Irmhild Hergt, Telefon 033361/86 66. Die Internetseite lautet www.hoerspielbahnhof.de. Von Berlin-Hauptbahnhof aus fährt der Regionalexpress 3 nach Eberswalde, von dort geht es mit der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (Odeg) zum Kaiserbahnhof. Autofahrer nehmen die Abfahrt Joachimsthal der Autobahn A 11 Berlin-Stettin.

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