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© dpa

Johanna Wanka, CDU: Auf die sanfte Tour

Johanna Wanka, die CDU-Spitzenkandidatin, hat einen eigenen Wahlkampfstil: unauffällig, still und leise. Sie verteilt Kochrezepte auf Marktplätzen, besucht Heimatvereine, Autohäuser, Kitas. Nirgendwo provoziert sie.

Rathenow - Die Szene hat sich Johanna Wanka eingeprägt. Die Kundgebung der Union in Rathenow war gerade vorbei, als sich eine ältere Dame schnurstracks zu ihr durchdrängelte, sie mit Komplimenten überhäufte. „Ich habe Sie zum ersten Mal live gesehen!“, schwärmte die 65-jährige Anelie Herold, eine lebenslustige Pensionärin. „Sie wissen, wo das Klavier steht, Sie sind eine starke Frau!“ Am besten wäre es, so Herold, wenn Wanka nach dem 27. September weiter mit Matthias Platzeck regieren würde. „Sie beide, Sie sind ein gutes Team.“ Ach, wie tat das gut. Seltsam, Johanna Wanka, 58 Jahre, Wissenschaftsministerin, seit 1990 achte Vorsitzende der märkischen Union und Spitzenkandidatin, hatte gar nicht viel gesagt, als sie neben Angela Merkel zu den 1500 Leuten sprach. Sieben Minuten am Rednerpult, ihr erster Auftritt vor einer größeren Menge. Sieben Minuten, mehr hatte das Adenauer-Haus nicht erlaubt, beeilte sie sich später zu erklären. Der SPD-Späher meldete an seine Potsdamer Zentrale, dass vier Minuten für Begrüßung und Merkel-Lob draufgingen, und gab Entwarnung. Kein Angriff auf die SPD, auf Platzeck, nicht einmal eine Attacke auf das mögliche Rot-Rot. Es sei kein Zufall, dass Brandenburg trotz Krise eins von zwei Ländern in der Bundesrepublik mit sinkenden Arbeitslosenzahlen sei, laute ihre Botschaft. „Das ist die Arbeit des CDU-geführten Wirtschaftsministeriums.“ Wer Stabilität in Brandenburg wolle, müsse CDU wählen. Das war’s.

So führt Johanna Wanka Wahlkampf – nämlich unauffällig, still und leise, um erst einmal wieder Sympathien zu sammeln für eine Union, die mit Querelen viel Porzellan zerschlagen hatte. Sie verteilt Kochrezepte auf Marktplätzen, besucht Heimatvereine, Autohäuser, Kitas. Nirgendwo provoziert sie. „Diffamierungen kommen nicht an.“ Als die Junge Union jüngst unabgestimmt eine Aktion gegen die Linke-Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser startete, auf Postkarten aus deren bekannten Stasi-IM-Berichten zitierte, ging Wanka auf Distanz: „Das ist nicht mein Stil.“

Diesen Wahlkampf, der so vieles vage lässt, haben sie bei der CDU auch noch „Klarer Kurs“ getauft. Wanka wirbt etwa regelmäßig mit der erfolgreichen Wirtschaftspolitik, verliert aber kein Wort darüber, dass die CDU Minister Ulrich Junghanns wohl nicht mehr ins Kabinett schicken wird. Oder doch? Es fiel auf, wie Junghanns von Merkel in Rathenow in den allerhöchsten Tönen gelobt wurde. Was Wanka selbst will? Sie lässt sich nicht in die Karten gucken, legt sich nicht fest, hält sich so Spielräume offen. Aber gemeinsam mit Fraktionschefin Saskia Funck und Generalsekretär Dieter Dombrowski hat sie die Partei augenscheinlich im Griff. Mancher murrt leise, dass sie „ein bisschen kämpferischer sein könnte“, laut niemand. Das neue Machtzentrum habe, so heißt es, die Mehrheit in Landesvorstand und der künftigen Fraktion. Hält dies oder drohen, wie die SPD befürchtet, neue Querelen, etwa um Regierungsposten? Beginnt nach dem 27.September wieder einmal der Sturz einer Vorsitzenden? Fragt man Wanka, erhält man eine fröhliche Antwort: „Das wird nicht passieren.“ Solange die CDU in Umfragen bei 22 Prozent steht, drei Prozentpunkte mehr als 2004, hat sie nichts zu befürchten. „Es läuft gut.“ Sehr gut sogar, nämlich wieder auf Rot-Schwarz hinaus.

Jüngst saß Johanna Wanka abends in Königs Wusterhausen in „Riedels Landgasthof“, zum „Public Viewing“ des Kanzlerduells. Dreißig Parteifreunde waren erschienen, man war unter sich, Stimmung kam keine auf. Gelangweilt verfolgte Wanka die TV-Auseinandersetzung, bei der Frank-Walter Steinmeier aus der Juniorrolle einer großen Koalition gegen eine präsidiale Nummer eins zu agieren hatte. So wie sie selbst in der märkischen Provinz gegen Matthias Platzeck. Mit dem Unterschied, dass Steinmeier gleichwohl dosiert austeilte. Johanna Wanka fand ihn trotzdem zurückhaltend: „Er kann eben nicht aus seiner Haut.“ Das hört man in der Brandenburger CDU auch über ihre Chefin. Thorsten Metzner

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