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Brandenburg: Jubel ohne Jule

Energie Cottbus startet mit neuer Hoffnung Braunschweig bringt einen guten Bekannten mit

Von Sandra Dassler

Cottbus - Die Fans von Energie Cottbus lieben Geschichten. Besonders jene aus Zeiten, als es mit ihrem Verein noch aufwärts ging. Viele Fußballbegeisterte, die heute ins Stadion der Freundschaft kommen werden, fragen sich deshalb nicht nur, ob ihr Verein gewinnen wird, sondern auch: „Was ist aus Jule geworden?“

Der Verein Energie Cottbus, der in der letzten Saison nur hauchdünn am Abstieg aus der Zweiten Liga vorbeischrammte, trifft nämlich zum Saisonauftakt auf den Aufsteiger Eintracht Braunschweig. Dessen Co-Trainer ist Willi Kronhardt – und hat vor acht Jahren für Cottbus gespielt. Er schoss das erste Tor im legendären DFB-Pokal-Halbfinale gegen Karlsruhe, das Cottbus in heftigem Schneegestöber gewann. Berühmt wurde Kronhardt, weil er sich nach seinem Treffer das Trikot hochzog und Millionen Fernsehzuschauern den Namen seiner Geliebten präsentierte: „Jule“. Eine Cottbuser Zeitung fand nun heraus, dass Willi Kronhardt vor acht Tagen geheiratet hat. Aber nicht Jule.

Neben der Erinnerung an die gute alte Zeit bringen die Cottbuser Fans heute auch neue Hoffnung mit ins Stadion. Schlimmer als in der letzten Saison kann es auch kaum kommen: Der Verein stand vor der Liquidation, in einem schmerzhaften Prozess trennte er sich auf Drängen der Sponsoren, die ihr Geld gefährdet sahen, vom langjährigen Trainer Eduard Geyer, vom Manager Klaus Stabach und auch vom Präsidenten Dieter Krein.

Heute ist der mächtige Mann bei Energie Ulrich Lepsch, Chef desVerwaltungsrats und Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Spree-Neiße. Er stellte sicher, dass der Verein seine Verbindlichkeiten in Höhe von 5,5 Millionen Euro erfüllen und für die Saison planen konnte. Gleichwohl, so wollte es Lepsch auch bei einer Mitgliederversammlung gestern Abend deutlich aussprechen, werde der Verein einige Jahre brauchen, um sich zu sanieren. Aber man sei froh, dass die Auflagen der Deutschen Fußball-Liga erfüllt werden konnten und Cottbus überhaupt im Profifußball bleibe. Dafür hatten sie zuletzt alle gekämpft: die Sponsoren, die Fans und die Fußballer selbst.

„Es gibt hier nicht mehr viel, was Hoffnung macht“, sagt der Handwerksmeister Thomas Schulz, der seit Jahren Energie- Fan ist. Wie viele andere Unternehmer in der Region weiß er, dass der Fußball nicht nur für Umsatz und Aufträge in Cottbus und Umgebung sorgt, sondern auch den Bekanntheitsgrad der Stadt bei potenziellen Investoren aus anderen Regionen Deutschlands erhöht. „Nun müssen nur noch Siege her“, meint der neue Präsident des Klubs, Michael Stein. Und wenn der Schiri heute um 13 Uhr die Partie anpfeift, dann werden die vermutlich 12 000 Zuschauer jubeln und alle Vergangenheit vergessen: die Angst vor Abstieg, den Abschied von Geyer und wahrscheinlich sogar die Frage, was aus Jule geworden ist.

Willi Kronhardt weiß es übrigens auch nicht. Kurz nach dem Spiel gegen Karlsruhe hat sich Jule von ihm getrennt: „Sie fand meine Aktion mit ihrem Namen einfach peinlich.“ Wie seine frisch Angetraute heißt, will er nicht verraten, sicherheitshalber.

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